Ach, wie mir heut

timeAch, wie mir heut im wahrsten Sinne
die Zeit verrinnt sekundenschnell,
weil in der Spüle Abflussrinne
beharrlich tropft des Hahnes Quell.

Ich bring das Pochen nicht zum Schweigen,
sie weigert sich, die Armatur,
als wollt sie Chronometern zeigen
gewachsen sich als Wasseruhr.

So nehm ich’s von der guten Seite –
dass es die Stille noch betont,
die, wenn das Musenross ich reite,
am sichersten mit Zeilen lohnt.

Das Pflaster liegt entleert von Leuten,
von Autos der Asphalt befreit,
nur die vom Herbst bereits verstreuten,
die Blätter bilden noch sein Kleid.

Geräusche sind dem Ohr erstorben.
Kein Motor, Mensch, kein Regen – nichts.
Dafür hat sich das Aug erworben
den stillen Lärm des Neonlichts.

Wo sind die Vögel nur geblieben?
Auf einmal hört man sie nicht mehr.
Im engsten Kreise ihrer Lieben,
ein Zaun von Zweigen ringsumher …

Und auch der Wind hat Ruh gegeben.
Die Bäume stehen starr wie Stein.
Ganz leicht sieht man ihr Laub nur beben –
das wird gewiss vor Kälte sein.

Selbst diese dröhnenden Insekten,
im Tiefflug querend oft die Stadt,
die Helikopter sich versteckten
am Boden unterm Flügelblatt.

Der Feuerwehr, der Peterwagen,
der Ambulanzen Wehgeschrei,
die lange noch im Wettstreit lagen –
verebbt, verklungen und vorbei.

(Verschwiegner auch, in Hinterzimmern,
wird weiter Politik gemacht,
der Armen Elend zu verschlimmern.
Parole: Deutschland, gute Nacht!)

Doch immer fällt in die Gedanken
ein Tropfen, winzig von Gewicht.
Wo alle Laute längst versanken –
ich hör ihn und ich hör ihn nicht.

Ich schau zur Uhr. Der große Zeiger,
er hält mit dem Getröpfel Schritt.
Nun ja, weiß Gott kein Teufelsgeiger,
doch pizzicato furchtbar fit.

So nimmt die Zeit mich in die Zange
und flüstert doppelt mir ins Ohr:
Noch bist du, aber nicht mehr lange.
‘nen Klempner bräucht ich für das Rohr.

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