Ausschau

WieimagesCTY899D4 gern ich einst nach draußen schaute,
die Ärmchen auf der Fensterbank,
und dieses Große, Lange, Laute,
die Straße mir zu Füßen sank.

Aus hoher Warte sie zu sehen,
nahm, was bedrohlich, ihr bereits:
Das Aug’ konnt auf Safari gehen
für jeden unbekannten Reiz.

Und mit des Kinds naivem Staunen
begaffte ich dies weite Feld,
als wär’s mit Alben und Alraunen
und nicht mit Stein und Staub bestellt.

Ob Laster, Roller, Lieferwagen,
ich folgt ihm lange mit dem Blick,
bis schließlich ihn davongetragen
der rätselhafte Straßenknick.

Und dann, der alles weichen musste,
weil fest in ihrem Gleis sie fuhr,
die Straßenbahn, die selbstbewusste,
die frei sich klingelt ihre Spur!

Und all die wandelnden Gestalten,
wie putzig nahmen sie sich aus,
die, wusste ich, für Große galten,
und winzig waren wie ‘ne Maus!

Auch was sie an Geschäften trieben,
die Leute rings erfuhr ich so,
es war ja an die Wand geschrieben:
Konditor, Krämer, Figaro.

Doch wo mag das Geheimnis liegen
‘ner Straße, deren Lärm verklang,
wenn sich nicht grad den Hals verbiegen
so Lütte voller Wissensdrang?

Da drüben auf der andern Seite
seh oft im bleichen Dämmerlicht
geduckt in eine Fensterbreite
ein stummes Frauenangesicht.

Was mag sie an die Brüstung locken?
Ihr Mann vielleicht, der wie bewährt
zu dieser Zeit trotz Stau und Stocken
vom Arbeitsplatz nach Hause kehrt?

Vielleicht. Man kann es ja nicht wissen.
Meist sind die Dinge so banal.
Doch hat in dem Fall angebissen
längst meine Fantasie nun mal.

Wie kann man nur so kläglich kauern,
so unscheinbar und wesenlos,
als läg auf diesen dunklen Mauern
noch dunkler sie, ein Schatten bloß!

Mir gleicht sie einer Haremsdame,
die ihrer Haft sich still empört
und traurig stiert auf die infame,
die Welt, die ihren Schrei nicht hört.

Ach, wie wir immer noch durchstreifen
bewundernd manches Maurenschloss,
dass tausend Schnörkel uns ergreifen,
doch eine Träne nicht, die floss!

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