Diskretion

DiskretionWill Achtung einmal dem bezeigen,
der eigentlich Gedichte schafft:
Vorm Blatt mich also hier verneigen,
das bleich mir vor der Feder klafft

Und mit dem büttenweißen Leibe
so willig mir vor Augen liegt,
dass, was auch immer ich ihm schreibe,
sein stilles „imprimatur“ kriegt.

Nie hat es was zurückgewiesen
von dem, was ich ihm aufgedrückt,
nicht einen Vers, und auch nicht diesen,
der mir, nun ja, nicht sehr geglückt.

So muss es auch den andern gehen,
die manchmal Sangeslust befällt:
Ihr Lied würd ungehört verwehen,
wär da kein Zettel, der es hält.

Papyrus, dir will Dank ich sagen,
dir, Schiefer, Ton und Pergament:
Statt Worte in den Wind zu schlagen,
man euch sie ins Gedächtnis brennt.

Die Sache hat nur einen Haken:
dass ihr euch nie dagegen wehrt.
Gleich gelten Zwitschern euch und Quaken,
die beide ihr mit Schweigen nährt.

So kommt denn manches euch zu Ohren,
womit man lieber euch verschon.
Auch ich, zum Sänger nicht geboren,
was schuld ich eurer Diskretion!

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