Möwen satt

Möwen sattDa hab ich nun mein Bett bezogen
zumindest für ein halbes Jahr
nur einen Katzensprung von Wogen
und Nixen weit mit Tang im Haar.

Und halten die sich auch verborgen,
da sie des Fischers Netze scheun,
muss ich um Möwen mich nicht sorgen,
die frei der Lüfte sich erfreun.

Ich weiß nicht, ob sie wer gezählet
(mal abgesehn von Gott, dem Herrn),
weil mir ein Nachweis dafür fehlet,
an dem statistisch nicht zu zerrn.

Doch was allein die Augen sehen,
ersetzt mir noch die klügste Schrift:
Die Menge dieser Meereskrähen
bei Weitem alles übertrifft.

Wie sie zu Tausenden da flattern
dem vollen Kutter hinterher,
um eine Beute zu ergattern,
die schon geborgen aus dem Meer,

Und wie sie haufenweis erscheinen,
wirft jemand Spatzen Krümel hin,
auf ihren kurzen Storchenbeinen
zu sehn, ob auch für sie was drin,

Und auch wie sie zur Dämmerstunde,
die Klüsen seewärts stets gewandt,
erwartungsvoll als Tafelrunde
sich strecken übern Ufersand,

Sind sie die Herrscher dieser Breiten,
egal in welchem Element,
und auch zu allen Jahreszeiten
in ihrem Küstenreich präsent.

Nur manchmal, wenn sie statt zu fliegen
in heillos aufgeregter Schar,
entspannt sich auf den Wellen wiegen,
wird ihr Geheimnis offenbar.

Dann kann man weithin ihr Gefieder
im Silbergrau der Wogen sehn,
ein schwaches Weiß, das auf und nieder
die gut gelaunten Winde wehn

Und das doch da im Meer verloren
wie Schaum, der in der Strömung treibt
gleich dem, der Venus einst geboren,
zu einem Wesen sich beleibt.

Der Tethys selbst sind sie entsprungen,
die weiterhin sie säugt und nährt,
dass gierig ihnen aus den Lungen
des Kindes Kreischen noch entfährt.