Pflichtvergessen

PflichtvergessenHe, Juli, was ist los mit dir,
nun lass dich doch nicht lumpen.
Grad zu dem Zweck bist du ja hier,
uns Sonnenschein zu pumpen!

Kommst im Gefolg des Sommers her,
uns Freuden zu verheißen.
Da tu dich jetzt doch nicht so schwer
und dich am Riemen reißen.

Okay, sechs Tage bist du alt
und magst dich Jüngling nennen,
doch auch ein Monat schwindet bald,
die Stunden nur so rennen.

Ein Knäblein grad noch, lebensfrisch,
ein süßer kleiner Racker,
reißt dich die Zeit vom Wickeltisch
im Nu zum Gottesacker.

In deines Leibes Winzigkeit
glaubst ewig du zu bleiben,
die Zukunft so unendlich weit,
sie förmlich abzuschreiben.

Doch nimm von mir die Lehre an,
ich hab’s ja selbst erfahren:
Was immer auch so zart begann,
kommt zügig auch zu Jahren.

Verlass dich nicht mit leichtem Sinn
auf ein gewisses Morgen,
ist deine Frist erst hops und hin,
gibt’s neue nicht zu borgen.

Auf denn, du fauler Juli-Kerl,
sollst dich ins Zeug nun legen,
dass Licht uns blitzend niederperl
und nicht so‘n trister Regen.

Nur so erfüllst du deine Pflicht,
den Goldpokal zu reichen,
zum Rand gefüllt mit Sonnenlicht –
als Juli ohnegleichen.

Ach, nur ein Aufruf, ein Appell
an dunkle Wettermächte –
bewahrn sie doch mit dickem Fell
die eignen wind’gen Rechte!