Sinneswandel

SinneswandelEs ist schon wieder spät geworden,
halb eins ruft mir der Wecker zu.
Das Volk im Süden und im Norden
begab sich größtenteils zur Ruh.

Und ein’ge schickten noch Gebete
zu jeweils ihrem eignen Herrn;
und was man da so flüsternd flehte,
mein Gott, ich wüsste es zu gern!

Die Wünsche sind gewiss verschieden,
die jeder so im Herzen hegt,
doch eint sie wohl, dass man hienieden
sich leichter durch das Leben schlägt.

Und dass mit höchster Hand im Rücken
man sich nicht mal den Fuß verrenkt,
und wenn, dass man schon bald die Krücken
zur Wallfahrt an den Nagel hängt.

Na ja, ob wirklich heut so viele
von diesem Glauben noch beseelt,
dass in der Nische, in der Diele
es an ‘nem Kruzifix nicht fehlt?

Gewiss nicht mehr in unsern Landen,
die allen Wundern abgeschworn –
wie dass vom Tod wer auferstanden,
den eine Jungfrau einst geborn.

Doch irgendeinen Gott wir brauchen,
weil unser Herz nach einem schreit.
Lässt Mammon nicht den Schornstein rauchen?
Das heimliche Idol der Zeit.

 

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