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Über-All

Gewiss ist nicht gut Kirschen essen
mit solchen Hünen von Gestalt,
von keiner Elle auszumessen
in diesem großen Märchenwald.

Bei Supertypen so wie diesen
verblasst das schönste Gardemaß,
drum heißen sie hier „Überriesen“ –
Pedanten ein gefundner Fraß.

Nicht alle sind sie tumbe Toren
mit weniger Verstand als Mut,
‘ne Handvoll ist auch plietsch geboren –
die „hellen“ mit dem blauen Blut.

Doch auf des Spektrums bunter Wiese
tummelt noch mehr sich dieser Art,
darunter auch der „Unterriese“,
den man noch häufiger gewahrt.

Dann sind da noch die dicken „Roten“,
denen die Mühe anzusehn,
dass alle Kraft sie aufgeboten,
in jenen Kreis sich hochzublähn.

Doch sollte sich nicht auch verbergen
im Schatten der Titanenwelt
ein wuseliges Volk von Zwergen,
das nicht so schnell ins Auge fällt?

Natürlich. Und man kann nur staunen,
wie groß die bunt gemischte Schar:
Von roten, weißen, schwarzen, braunen
gibt’s mehr als von den Riesen gar.

Auch hier die feinen Unterschiede,
die typisch für Hephästus‘ Werk:
Reicht nicht der Gnom aus seiner Schmiede?
Er schuf auch noch den „Unterzwerg“!

Doch alle haben sie ein Faible
für dies verwunschene Gehölz –
versteinert, kalt und voller Nebel
im Hagel sausenden Gerölls.

Wo’s außerdem an allen Ecken
wie in ‘nem Hexenkessel gärt,
dem ein Geschlecht von neuen Recken
wie Thebens Drachensaat entfährt.

Ihr Trost indes: Die Lebensdauer.
Nichts wirft so leicht sie aus der Bahn –
was ja die fleiß’gen Sternbeschauer
im alten Babylon schon sahn.

Doch irgendwann nimmt auch ein Ende,
was ewig und drei Tage währt,
verglimmen die gewalt’gen Brände,
von denen sich ihr Körper nährt.

Der bäumt sich, zuckend unter Qualen,
noch einmal auf und detoniert,
eh ledig er der äußren Schalen
als Torso weitervegetiert.

Und kann dabei von Glück noch sagen,
dass er nicht schwerer von Gewicht –
sonst hätt es ihn gar fortgetragen
in eine Hölle ohne Licht.

So herrscht hier niemals Langeweile,
die Dinge sind in stetem Fluss,
dass jede quadrillionste Meile
man mit ‘nem Drama rechnen muss.

Von Weitem nur nicht zu erkennen:
Am Wurmfortsatz ‘ner Galaxie
‘ne ganze Menge wir verpennen,
was unsrer Weisheit Flügel lieh!

Die zahllos da wie Käfer glühen
in einer lauen Sommernacht,
sie lassen Fantasien erblühen,
die sie zu lauter Göttern macht.

Und sind doch nur aus Frost und Feuer
zum Ball geborne Missgestalt,
brutale Sternenungeheuer
im wüsten Schauermärchenwald.

Die Kuckucksuhr

Von wegen, endlich klug geworden!
Man setzt auch weiterhin auf Krieg,
auf Bombardiern und Massenmorden
als hohe Kunst der Politik!

Was ist das bloß für ein Gelichter,
das solche Schande propagiert?
Nichtssagend blasse Milchgesichter,
abstoßend nackt und glatt rasiert.

Doch aufgeputzt mit Schlips und Kragen
als Ausweis der Honorigkeit,
um heimlich Kapital zu schlagen
aus diesem biedren Bürgerkleid.

So übers Weltparkett sie schlingern,
per Handschlag mit den Chefs verkehrn,
dabei zerquetschend mit den Fingern
die Menschen, als ob’s Flöhe wärn.

Nach Gusto handeln sie, gerissen,
bis irgendwo die Erde raucht,
da sie sich stets im Vorteil wissen,
weil Widerstand Äonen braucht.

Bis Parlamente wo beschlossen,
wie, wann, warum wer reagiert,
sind schon Millionen totgeschossen
und auf dem Dienstweg hinkrepiert.

Indes sich, Klappe auf, empören
die Spitzen von Partei und Staat
und wie ‘ne Kuckucksuhr beschwören
das Zartgefühl der Drachensaat.

Klagt so man bitter über Leichen,
mischt Trauer mit gerechter Wut?
Allmählich Zweifel mich beschleichen,
ob man nicht tut nur, wie man tut!

Wer ist schon auf ‘nen Bruch versessen,
und wär der Typ dem Teufel gleich,
verfolgt man vielfach doch Int’ressen
in seinem eignen Machtbereich.

Will man dem schönen Handeltreiben
mit seinem üppigen Profit
denn jäh ‘ne Hungerkur verschreiben
für Co, AG & Kommandit?

Und will man jenen Spießgesellen,
die Horrorwaffen exportiern,
die Mordsgeschäfte grad vergällen,
wenn sie noch besser bald floriern?

Fürn freien Austausch aller Waren
braucht weiterhin es grünes Licht,
die blut’ge Keule des Barbaren
stört unsre „Realisten“ nicht.

Und gibt man sich als Friedenswächter,
sofern die Presse grad dabei,
verbindet mit dem Menschenschlächter
sie eine stille Kumpanei.

Die Politik, hat wer geschrieben,
die ist ein schmutziges Geschäft.
Hat selbst vorzeiten es betrieben –
und wird noch immer nachgeäfft.