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Die Führungskraft

Wohlauf, ihr lieben Vorgesetzten,
versammelt euch zum Bußgebet,
Matthäi heut für euch am Letzten,
weil hier ihr vor der Muse steht!

Zunächst die Liste eurer Sünden,
damit euch klar die Klage sei,
die sie und andre euch verkünden
nach Jahrn subtiler Quälerei.

Der stärkste eurer Wesenszüge:
Nie jemand unterworfen sein
und im sozialen Machtgefüge
eh’r Schlächter als ein armes Schwein.

Befehlen wollt ihr, kommandieren
das „Fußvolk“, das euch unterstellt
und das, den Job nicht zu verlieren,
es unter eurer Knute hält.

Und als ‘nen treuen Weggenossen,
der selten nur sein Ziel verfehlt,
habt für die Aufstiegsleitersprossen
die Arroganz ihr euch gewählt.

Denn keine andre Geistespose
tritt auch ein winz’ges Hirn so breit
wie diese dumpfe, bodenlose
der eignen Überlegenheit.

Heißt auch, nie offen zuzugeben,
dass der und der Talente zeigt,
indem, den eignen Ruf zu heben,
beharrlich jene man verschweigt.

Darum erfährt aus eurem Munde
kaum wer ein Lob der Arbeitskraft,
in großer und in kleiner Runde
Kritik indessen massenhaft.

Obwohl in Kursen, Seminaren
man alle Nase lang euch schult,
ihr nach „bewährtem“ Chefverfahren
die alte Leier weiterspult.

Da stört auch nicht, dass von der Sache
ihr kaum die Hälfte nur kapiert:
Hier Pharao und da Fellache –
läuft so der Bau nicht wie geschmiert?

Gesprochen habt ihr und geschrieben
wie alle flachen Englisch-Fans,
indes ein Fremdwort euch geblieben
grad die „soziale Kompetenz“.

Worauf ihr auch bewusst gepfiffen:
Der Schafe Schicksal ist die Schur!
Als Individuum begriffen
habt ihr euch immer selber nur.

Da fragt man sich als Psycho-Laie,
wieso lässt die Gesellschaft zu,
dass einer ohne Wert und Weihe
den Kurs bestimmt der ganzen Crew?

Dass einer, der mit wahrer Rage
so lang gebüffelt und geochst,
bis er sich in die Chefetage,
zur Schaltzentrale durchgeboxt,

Wo er nach Gusto kann bedienen
die Hebel und die Weichen stelln
und Menschen nutzen wie Maschinen
und sie, defekt, wie Bäume fälln?

Und ohne den geringsten Schimmer
von der Beherrschten Kunst und Fleiß
sie triezt und treibt und schindet immer
zu seinem eignen Lob und Preis?

Ein Fiesling also, der mit Freuden
die Untergebenen frustriert,
in seiner Dummheit zu vergeuden
Zufriedenheit, die motiviert?

Ach, wenn auch viele sich erregen:
Wolln sie das Übel wirklich heiln?
Sie zucken unter Nackenschlägen –
und würden selbst sie gern erteiln!