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Frühlingsbote

Zerzaust, verzottelt liegt der Garten
direkt vor meiner Fensterbank,
kein Tummelplatz der tausend Arten,
verödet, müde, winterkrank.

Die Kräuter, die in graden Achsen
im späten Sommer angepflanzt,
sind kniehoch hier und da gewachsen,
doch schütter, schäbig und zerfranst.

Dazwischen tabakfarbne Blätter,
vertrocknet, spröde, dichtgedrängt,
die viele Wochen Wind und Wetter
in dieses Kroppzeug eingezwängt.

Ein Saum von bleichen Kieselsteinen
umrandet dieses Ödgefild,
um nahtlos sich mit ihm zu vereinen
zum ausgemachten Chaosbild.

Wie soll aus diesem dürren Tümpel
mit seinem grau verfilzten Grün,
aus staubigem Naturgerümpel
ein neuer Frühlingstag erblühn?

Doch seht nur! Auf smaragdnem Stängel,
taufrisch zum Topp und unverwest,
Narcissus als Posaunenengel,
wie er zur Auferstehung bläst!

Fallobst

Bisher hab vor den Jahreszeiten
noch keinen Bammel ich verspürt,
da sie behutsam vorwärtsschreiten,
wie von ‘nem Blindenhund geführt.

Wie denn im Frühling sich nicht freuen,
wenn aus der Erde reichem Schoß
die alten Schätze sich erneuen,
die kurz da eingekellert bloß?

Und wenn zur Sommerzeit die Ähren
in langen, goldgelockten Reihn,
indem sie von der Sonne zehren,
den Fluren ihren Glanz verleihn?

Und wenn auf winterharter Scholle,
mit einem Hauch von Schnee bepelzt,
die schwarze, immer würdevolle
Frau Krähe durch den Nebel stelzt?

Genauso könnt vom Herbst ich sagen,
dass es an Reizen ihm nicht fehlt,
wozu auch, weil sie Früchte tragen,
die Fülle seiner Pflanzen zählt.

Doch hier liegt auch der Hund begraben,
dass er nicht ganz geheuer ist,
denn mit den weit verstreuten Gaben
verbindet sich ‘ne Hinterlist.

Habt ihr’s schon einmal knistern hören
und jäh darauf ‘nen kurzen Knall?
Dann könnt ihr, glaubt mir, darauf schwören,
es war ‘ne Frucht im freien Fall!

Und keine Eckern, keine Eicheln
und anderes, was wenig wiegt,
die bestenfalls den Scheitel streicheln
dem, der davon was abgekriegt.

Du hast ‘nen kleinen Trip genossen
und biegst in deine Straße ein,
da bombardiern dich mit Geschossen
die Bäume gleich am Wegesrain!

Was aber sind das für Kaliber –
kaum mag ich meinen Augen traun!
Ein Traumformat für Waffenschieber:
Groß, kantig, hart. Kastanienbraun.

Beschränkter Freigang

J

Hellrot seh Blüte ich an Blüte
Hibiskus an dem kleinen Busch,
wenn nach dem Einkauf mit der Tüte
am Park entlang ich heimwärts husch.

Und nur ein Dutzend Schritte weiter,
schon spürbar an dem duft’gen Hauch,
kaum dunkler auf der Farbenleiter
ein voll erblühter Rosenstrauch.

Ich kann sie leider kurz nur sehen,
muss weiter mit der schweren Fracht,
doch reicht ein Blick, um zu verstehen,
dass längst der Frühling schon erwacht.

Na und? Der Lauf der Jahreszeiten.
Das Erste, was der Mensch bemerkt,
wenn nach des Winters Widrigkeiten
er sich am Kelch des Krokus stärkt.

Doch diesmal ist was schiefgegangen.
Zwar ließ der Lenz sein Banner wehn,
doch durfte niemand unbefangen
zum Gruße ihm entgegengehn.

Ein Virus hat uns aufgezwungen
der Häuslichkeit begrenzte Welt,
damit er von lädierten Lungen
und Schwächelnden sich ferne hält.

Das Motto heißt „Kontakt vermeiden“,
dass man nicht fremde Keime schluckt,
und mit Tapeten sich bescheiden,
die zwar geblümt, doch nur bedruckt.

Schon Wochen sind ins Land gezogen,
seitdem zu Haus wir arrestiert
und halb schon um den Lenz betrogen,
der fröhlich seinen Weg marschiert.

Wir aber stecken in der Krise
noch weiterhin wer weiß wie lang.
O Wunder einer Blumenwiese –
mir wird schon um den Sommer bang!

Blaues Band

An allen Ecken hier Mimosen,
die gelb in voller Blüte stehn
und wenn die Winde sie liebkosen,
ihr Köpfchen hübsch zur Seite drehn.

In dichten Büschen wo auch immer,
am Uferweg, am Straßenrand,
verbreiten sie den goldnen Schimmer
von Sommersprossen übers Land.

Ein schönes Zeichen, zu beteuern,
nachdem die Mandel nun verblüht,
dass Richtung Lenz wir wieder steuern,
der sichtlich schon vor Eifer glüht.

Die Sonne läuft auf vollen Touren
und schiebt die Sache mächtig an,
dass er schon bald mit frischen Fuhren
von Sträußen uns erfreuen kann.

Auch aus den ausgedörrten Zweigen
der Sträucher überall beginnt
die junge Brut des Grüns zu steigen,
weil wieder Saft in ihnen rinnt.

Der Korso mit den tausend Wagen
rollt wieder an auf seiner Spur,
um unsre Sinne sanft zu tragen
durchs bunte Schauspiel der Natur.

Das Meer, das ich so oft besungen,
wird dadurch ja nicht abgehakt.
Doch strömt der Frühling in die Lungen,
na, dann ist Landgang angesagt!

Umschwung erhofft

Umschwung erhofftIn Regen schier ersoffen
der schöne Monat Mai.
Die Optimisten hoffen,
doch stets den Schirm dabei.

Den flatterhaften Buben
April er übertrifft;
wir hocken in den Stuben,
weil’s draußen ewig schifft.

In weiten Landesteilen
steht Wasser bis zum Knie.
Die Feuerwehren eilen
so fleißig wie noch nie.

Und wenn man mal was kaufen
in einem Laden muss,
dann heißt’s wie Nurmi laufen
aus Angst vorm nächsten Guss.

Des Frühlings Gütezeichen?
Verwehrt zu seiner Schmach.
Mag er davon sich schleichen,
wir weinen ihm nicht nach.

Nur einen Tag noch warten,
dann zieht der Juni ein.
Die Erde wird zum Garten
mit eitel Sonnenschein.

Das ist es, was wir wollen –
auch wenn dann andres droht:
Der kühne Flug der Pollen
färbt uns die Zinken rot.

Pfingstwunder

PfingstwunderWie gerne hätt ich mehr berichtet
und was, das aus dem Rahmen fällt –
doch Wunder hab ich nicht gesichtet
und nichts, was man so dafür hält.

Die Tage sind im Nu verronnen.
Es hat geregnet, Wind geweht.
Des Mais berühmte Wärmewonnen
verschaffte mir ein Heizgerät.

An draußen mocht ich gar nicht denken.
Von Frühlingssonne keine Spur.
Auf allen Park- und Wiesenbänken
statt Liebespaaren Wasser nur.

Auch sonst von Schnäbeln nichts zu sehen:
Die Enten, ungefüttert nun,
beleidigt in die Binsen gehen,
wo sie an Grün sich gütlich tun.

Dann lieber in der Bude bleiben –
ein Tässchen Kaffee, Buch zur Hand,
und wenn’s dich juckt, die Nase reiben
so ganz privat und unerkannt.

Doch weiß ich nicht, woran’s gelegen
(war’s diese Stille weit und breit?),
dass ein Gefühl sich wollte regen
von irgendeiner Festlichkeit.

Na, typisch für die Feiertage –
was ist daran verwunderlich?
Der Geist des Weines, beste Lage,
kommt dann doch immer über mich!

 

In voller Blüte

In voller BlüteDa ragen, kleine Pyramiden,
sie luftig bunt aus dem Gezweig
der Büsche in den Frühlingsfrieden
von Straßenrand und Bürgersteig.

Und tauchst du ein in diesen Schatten
im eiligen Vorübergehn,
spürst in den Nüstern du den satten,
den schweren Duft noch lange stehn.

Das Lodenzeug, kaum wahrgenommen
in seinem ungeblümten Kleid,
zu Rang und Namen ist’s gekommen,
da Blüten ihm nun aufgereiht.

Wie stolz sie sich vom Blatte heben
und frei im Winde balanciern,
um aller Welt bekannt zu geben,
wo sie als Flieder residiern.

Noch niemals sie vergeblich warben
um Blicke, die mit Freud’ gepaart,
wo alle drei doch ihrer Farben
ganz wunderbar auf ihre Art.

Wer kann sich der Magie entziehen,
die seltsam auch Holunder heißt,
wenn aus den öden Grünpartien
so leuchtend es zum Himmel gleißt?

Nach meines Tags gelinden Mühen
befahl ich endlich mich zu Bett.
Und Träume gingen auf, zu blühen
in Lila, Weiß und Violett.

Zum Frühlingsanfang

Zum FrühlingsanfangDem Radio heute zu entnehmen:
Schlag zwölf der Frühling eingekehrt.
Muss sich die Sonne deshalb schämen?
Vom Himmel lacht sie glutgenährt!

Und auch die leid’gen Wolken scheinen
zu wissen, was sich heut gehört –
nicht eine einz’ge auf den Beinen,
dass sie die weiße Weste stört

Des Blaus, das wie ein Seidenschleier
vorm Angesicht des Kosmos liegt
und das zu dieses Tages Feier
mal endlich wieder Farbe kriegt.

Sogar der Wind hat sich verkrochen
und hält diskret den Atem an.
(„Erst mal auf kleiner Flamme kochen;
den Lenz nehm ich mir schon noch ran.“)

So wollen sie ihn alle ehren,
den Helden, Retter, Winterschreck,
von seinen milden Gaben zehren,
den frischen Blumen im Gepäck.

Die Sonne taucht die goldnen Fühler
begierig in den bunten Flor
und holt, der Biene fleiß’ger Schüler,
sich tausend Düfte draus hervor.

Die Wolken schicken ihre Tränen
den Blüten zu in Feld und Au,
weil sie nach Mitleid sich wohl sehnen,
die selber sie so ewig grau.

Was aber mag den Wind bewegen,
dass er die Blumen lieb gewann?
Nun, weht er dem nicht gern entgegen,
den er mal richtig zausen kann?

Doch sachte mal, ihr Lieben, sachte –
macht eine Sendung schon den Lenz?
Was uns der Rundfunk nicht schon brachte,
dass er mit Wetterweisheit glänz!

Wir wissen doch vom „Hörensagen“,
wie oft er sich vergaloppiert
mit Sonnen- und mit Regentagen,
die felsenfest er garantiert.

Solln wir uns diesmal drauf verlassen,
dass mit dem Lenz er Recht behält,
weil die Indizien dazu passen
und keines aus dem Rahmen fällt?

Gleichwohl mach ich mir keine Sorgen,
dass er nicht vor der Türe steht.
Kommt er nicht heute, kommt er morgen.
Sofern die Erde sich noch dreht.

 

Märzabschied

MärzabschiedEin Stückchen ist noch ungegessen
von diesem schönen Kuchenkranz,
der über dreißig mal besessen,
als er gebacken grad und ganz.

Doch auch das letzte wird noch landen
im ewig mahl’nden Maul der Zeit,
die nicht ‘nen Krümel lässt vorhanden
vom Tag in der Vergangenheit.

Dann ist auch dieser März zu Ende,
verblichen auf der Jahresuhr,
und bleibt als Nachhall im Gelände
nur noch der Blumen bunte Spur.

(Dass seiner Lebenslust entgegen
sein Name auch für Unheil steht,
ist ja nicht ihm zur Last zu legen,
nein, auf des Menschen Kappe geht

Der, den Instinkten treu geblieben,
die unverdunkelt vom Verstand,
von Macht- und Geldgier angetrieben
den Krieg sowie den GAU erfand.)

Wie’n frühlingslüftetrunkner Zecher
des Krokus Kelch nach Füllung schreit,
ein hochgereckter „Märzenbecher“ –
gäb’s dafür noch kein Copyright.

Mehr Blumen will ich nicht bemühen.
Was bräucht es auch ‘ne Inventur?
Seht sie mit eignen Augen blühen
selbst in der Stadt bescheidner Flur!

Dies Erbteil macht dem Monat Ehre,
gerecht für alle ausgestreut,
dass jeder ‘s mit dem Blick verzehre
und frohen Herzens wiederkäut.

Und wenn er selber längst entschwunden,
kein Hahnenfuß mehr nach ihm kräht,
dann wuchert noch mit seinen Pfunden
der Sommer, der sich drauf versteht.

Erst wenn im Herbst, im rauen Winde
an Ast und Halm verdorrt das Laub,
droht auch dem Blumenenkelkinde
des Frühlings dieser Erde Staub.

Geht’s so nicht auch den Menschenwesen,
die, kaum im schönen Dasein drin,
schon weggefegt von Chronos’ Besen –
und auch, was bleibt, fährt bald dahin?

Doch ob mit ihrem Schicksal hadern
die Blätter, die’s vom Stängel reißt?
Wer weiß, ob in den welken Adern
nicht längst schon neues Leben kreist.

Auf in den Frühling

Auf in den FrühlingAuf diesen Kerl ist in der Regel
nicht grade unbedingt Verlass –
doch heute stieg der Silberpegel
der Säule, dass er „14“ fass!

Und pünktlich mit dem ersten Tage,
für den sein Kommen avisiert,
verbessert sich die Wetterlage,
so wie sie einen Frühling ziert.

Wie wird die Krokusse das freuen,
die schon in kleinen Grüppchen stehn,
um Gelb und Lila einzustreuen,
wo sonst nur Wiesengrün zu sehn.

Sie haben lange zittern müssen,
dass Sturm sie nicht vom Stängel reißt
und ihnen Frost mit eis’gen Küssen
‘nen schlechten Liebesdienst erweist.

Auf einmal alles Schnee von gestern.
Jetzt schmiegt man sich voll Lebenslust
mit manchen andern Blumenschwestern
an eines Zephirs breite Brust.

O dieses Glück, es möge dauern –
und auch das unsre, lenzverliebt.
Doch munkelt man schon was von Schauern
und dass ein Tief sich näherschiebt.

Das wär dann wohl der Schnee von morgen –
der mich wie der verflossne schert.
Muss ich denn heute mich schon sorgen,
zerstören, was noch unbeschwert?

Ins Freie schnell hinaus, ins Grüne!
Und keinen Schal mehr um den Hals!
Ich stürze auf die Weltenbühne –
und bin Statist da allenfalls.

Die lauen Lüfte zu genießen,
ergeht sich schon das halbe Land,
beäugt von Krokussen, die sprießen
als Publikum am Wegesrand.

‘ne veritable Massenszene,
doch ohne Richtung und Regie.
Geordnet ziehen nur die Schwäne,
der Alster stolzes Federvieh.

Mit Müh ich mich und dicken Backen
durch diese Völkerwand’rung wühl.
Trät jetzt mir einer in die Hacken,
dann hätt ich gar ein Lenzgefühl!