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Fremdes Erbgut

Mochten Arminius sie auch stören,
den Römern muss man dankbar sein,
denn (Schüler werden’s ungern hören)
sie brachten mehr nur als Latein.

Aus ihrer Zunge Ordnungsliebe
mit viel Gefühl für die Flexion
entsprangen auch die Techniktriebe
zu mancher Bauwerkskonstruktion.

Da wurde wunderbarerweise,
was andern Völkern nie geglückt,
der Ströme bodenlosen Schneise
mit festen Pfeilern überbrückt.

Da saugte man aus fernen Quellen
das Wasser in die durst’ge Stadt,
dass Bad und Brunnen davon schwellen
und der Quirit zu trinken hat.

Das rann nach anderen Kalkülen
auch unter blanken Hintern fort,
um säuberlich das wegzuspülen,
was auf dem „locus“ fiel, dem „Ort“.

Der Anspruch aber an die Steine,
dass man sie stets als Fläche setz,
machte dem Wunsch auch schließlich Beine
nach ‘nem verzweigten Straßennetz.

Zunächst aufs Pflaster noch gerichtet,
wie’s der bequeme Bürger liebt,
wenn er per pedes hoch verdichtet
sich schwitzend übers Forum schiebt.

Dann als die militanten Massen
die große Reiselust befiel,
verzierten sie die Wandertrassen
im marschtrittfesten Wackenstil.

Sie eilten Wälder umzuhauen
im unwegsamen Feindesland,
um Pfade kreuz und quer zu bauen,
die der Soldat begehbar fand.

Die ließen sie dann einfach liegen,
als sie sich aus dem Staub gemacht,
um endlich ihren Sold zu kriegen –
ein Gut für zwanzig Jahre Schlacht.

Da mussten sie in Mietskasernen
nicht hausen wie ein Zivilist,
der über Läden und Tavernen
noch sieben Stock gestapelt ist.

Und konnten unbeschwert genießen,
was ihnen die Arena bot –
den Sport, bei dem die Säfte fließen
und Abpfiff, wenn der Gegner tot.

Dass man sie selbst im Kampf nicht töte,
war einst ihr Schild von höchstem Wert –
als „Mauer“ angewandt und „Kröte“
hielt stand er noch dem schärfsten Schwert.

‘ne solche Kunst kann nicht verderben
und findet stets ein offnes Ohr.
Die Bullen, dieser Söldner Erben,
gehn so heut gegen Bürger vor.