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Brüder im Geiste

Ob sie bisweilen Zweifel hegen
an dem, was sie hinausposaunt?
Doch wenn, sie’s nicht zu zeigen pflegen,
Politiker, stets gut gelaunt.

Ihr Optimismus ohne Grenzen,
wenn’s um die eigne Leistung geht,
verleitet sie zu Eiertänzen,
dass einem sich der Magen dreht.

Doch halten trotz der Kapriolen
sich immer dicht beim großen Stamm,
wie es der Vorstand anempfohlen,
beim Kernholz, sprich: Parteiprogramm.

Indes nur immer still und leise,
damit dem Volk verborgen bleibt,
dass lediglich für höchste Kreise
da jemand seinen Job betreibt.

Die Brüder kriegst du nicht zu fassen,
die grunzen Sprüche von Gewicht,
die wunderbar auf alles passen,
nur auf die Wahrheit leider nicht.

Und scheffeln prächtige Diäten
für ihre Zungenfertigkeit,
wie man seit ewig sie Propheten
für windige Prognosen leiht.

Da wärn wir auch schon bei den andern,
die auf die eigne Weisheit schwörn,
doch in noch höhren Sphären wandern,
um ihrem Gott sie abzuhörn.

Die sprühn sie dann in alle Winde
mit viel Gebimmel und Gebet,
dass jeder drin ein Sprüchlein finde,
wenn’s dem Verstand auch widersteht.

Auch da wird auf Granit man beißen,
erinnert man sie mal daran,
dass ständig Dinge sie verheißen,
die keine Seele wissen kann.

Ihr Dogma, Leser/Leserinnen,
ist ihr geschriebnes Heiligtum,
und wenn sie Gold daraus gewinnen,
dann nur zu Gottes Ehr und Ruhm!

Ja, diese Himmelsrabulisten
treiben’s wie Obige so toll
und lügen ihren Unterchristen
bedenkenlos die Hucke voll.

Als einz’ge Firma hier auf Erden
geben sie Anteilscheine aus,
die reiche Zinsen tragen werden,
liegt man erst mal im Leichenhaus.

Gleich nach der Paradiesespforte,
zur Hälfte kaum im Himmel drin,
geht es direkt zum Kirchenhorte,
wo man dir auszahlt den Gewinn.

Und da die Himmlischen nicht zocken,
liegt alles schon korrekt bereit:
Schalmei und Harfe zum Frohlocken
und Manna für die Ewigkeit.

Kann man wohl stärker wen noch foppen,
der auf die Kirche blind vertraut?
Natürlich. Alles lässt sich toppen,
wenn man nur Kartenhäuser baut.

Zusammenschluss der alten Füchse
in Sachen List und Heuchelei:
Dann kommt aus der Pandora-Büchse
als Übel noch die Christpartei.

In falschen Händen

in-falschen-haendenEin Wunder bist du, Jesuskind,
noch heut in aller Munde,
da tausend Jahr vergangen sind
mit tausend Jahrn im Bunde.

Doch lag’s nicht an der Botschaft bloß,
dass du dich so gehalten.
Die Pfaffen machten dich so groß
mit List und Haarespalten.

Sie haben einen Dom erbaut
auf deinem Striemenrücken,
der trotzig in den Himmel schaut,
statt barmend sich zu bücken.

Dein Wort, aus dem der Atem weht
von sanften Harfenklängen,
sie haben es zum Strick gedreht,
um Hälse dranzuhängen.

Du trugst auf deinem Haupt die Kron
aus Dornen als Geschmeide.
Der Pfaffe wandelt dir zum Hohn
in Sammet und in Seide.

Du nahmst dem Zürnenden sein Schwert,
die Schergen gar zu schonen.
Die falschen Hirten deiner Herd,
sie segnen auch Kanonen.

Sie fordern kalt und gnadenlos,
Gebete einzuhalten,
und ahnden grausam den Verstoß –
bei Armen und bei Alten.

Die schröpfen sie bis auf das Hemd
(„Der Herr liebt frohe Geber“),
indes den Wanst sie vollgeschlemmt
mit Braten, Wurst und Treber.

Du haustest heimlos da und dort
wie Vögel in den Ästen,
doch sie, ergaunert und erschnorrt,
hofieren in Palästen.

Sie sind das krasse Gegenteil
von dem, was du verkündet:
auf Prassen, Macht und Mammon geil,
besiegelt und bepfründet.

In deinem Namen tritt das Pack
Barmherzigkeit mit Füßen,
auf dass in Asche und in Sack
die Unschuld selbst muss büßen.

Dein Herz, wie ein Juwel so rar,
weil’s fähig mitzuleiden,
empfehlen sie der Schäfchenschar,
nur um sie auszuweiden.

Der Hoffart Sünde und der Wut,
der Habgier und der Lüge
gehört so fest zum Kirchengut
wie goldne Glockenzüge.

Die größte Falschheit aber ist,
dass sie auf Worte pochen,
die du – sei’s Heiland, Retter, Christ –
wohl nimmer ausgesprochen.

Dein Reich, es war von dieser Welt,
du wolltest es hienieden,
ein Gärtchen, irdisch, wohlbestellt
mit Frohsinn und mit Frieden.

Wir haben’s selber in der Hand,
dies Paradies zu schaffen –
mit Mühe freilich, unverwandt –
doch besser ohne Pfaffen.

Eingeflüstert

EingeflüstertGern lässt er sich für dumm verkaufen,
der Mensch, der für so schlau sich hält,
und eilt, den Fallen nachzulaufen,
die man „zu seinem Besten“ stellt.

Die Ersten, die ihn hintergehen,
sind die mit Macht und Staatsgewalt.
Sie wolln ihn still und willig sehen,
selbst wenn die Kriegstrompete schallt.

Dann soll sein Leben er riskieren
fürs „liebe Volk und Vaterland“,
indes die Butter dicker schmieren,
die immer weit vom Schuss man fand.

Und die als blut’gen Lohn ihm zahlen,
sofern, wie’s harmlos heißt, er „fällt“,
den Ruhm als staatsetatneutralen
nebst ‘nem bescheidnen Witwengeld.

Verarschung II: Die Religiösen,
die ‘n Himmel stets im Munde führn,
um sich Gewinne zu „erlösen“
als Pächter seiner Torgebühr.

Und die mit Höllenqualen drohen
dem Sünder, den „verstockt“ man heißt,
wobei die schrecklichste der Lohen
für Sünden gegen ihren Geist.

Extra ecclesiam nulla salus –
„nur durch die Kirche kommt das Heil“ –
wer daran zweifelt, kriegt ‘nen Malus,
einst auch per Brand und Henkerbeil.

Und alles dies in Christi Namen,
der wie kein andrer auf der Welt
gesprengt des Glaubens starren Rahmen,
dem Mitleid er vorangestellt.

Indes die Pfaffen stets bekannten
mit großer Lippe milden Sinn,
da schon die Scheiterhaufen brannten
und Menschen schmorend mittendrin.

Nun drittens noch zu den Schamanen,
die heut beschwörn mit Schall und Rauch –
nicht unter Staats- und Kirchenfahnen,
doch ebenso verlogen auch.

Das sind die fleiß’gen Beutelschneider,
die in der Wirtschaft führn Regie
und fabrizieren jene Kleider,
die Leute machen – sagen sie.

Mit andern Worten jene Sachen,
die man zum Leben braucht – und nicht,
doch wolln sie ständig weis uns machen,
der größte Fehler wär Verzicht.

Dann, schrecklich!, ginge uns ja flöten
(wie es die Werbung täglich lehrt)
so viel, was unbedingt vonnöten
für unser Wohl und unsern Wert.

„Denn nur an dem, was wir uns leisten,
erkennt der andre, was man hat.
Der Wahrheit folgen schon die meisten –
und ihrem Glück. Auch auf Rabatt.

Wer wird denn auf den Euro schielen
wie’n freudlos geldbesessner Greis
bei diesen unsren edlen Zielen:
Höchstqualität und Niedrigpreis!“

Und mit dem fotogenen Lächeln,
für das man Models sich geliehn,
kann die, die geistig etwas schwächeln,
schön übern Ladentisch man ziehn.

Auch hierbei wieder das Fatale:
Die Wahrheit weicht der Illusion.
Der Mensch schafft tausend Ideale –
die grad die Menschlichkeit bedrohn.

Wie rasch die Leidenschaften lodern,
wenn es um „heil’gen“ Unsinn geht!
Wer sich verweigert, mag vermodern –
so heillos ist die Welt verdreht!