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Online-Geschäfte

Auf Werbung kann man nicht verzichten,
denn Konkurrenz, die gibt‘s zuhauf.
So lässt auch Kunden man berichten,
warum sie glücklich mit ‘nem Kauf.

Und stellt dem weitren Int’ressenten
ihr Urteil ins globale Netz,
dass dank des Lobs, des vehementen,
auch dieser die Erwerbung schätz.

Nur leider zeigt als fauler Kunde
sich mancher in ‘nem andern Sinn
und stiehlt aus der Jurorenrunde
sich mangels eigenem Gewinn.

Doch schlimmer als Politparteien,
die für ‘ne Wahl auf Stimmenfang,
mag dich die Firma nicht befreien
aus deinem schwachen Tatendrang

Und schickt, dich vorwurfsvoll zu mahnen
an dein erbetenes Retour,
‘ne neue Botschaft auf den Bahnen,
die online schon die erste fuhr.

„Auf unsre Bitte wir verweisen
zu Ihrem Kauf von dann und dann,
uns Ihre Meinung einzuspeisen,
die sehr auch andern helfen kann.

Und sollten etwa Sie vermuten,
der Aufwand sei für Sie zu groß:
Sie brauchen nur ein paar Minuten
und ein paar kurze Sätze bloß“.

Wenn so was alle Jubeljahre
mir mal ins Haus geflattert käm,
ich raufte mir drum nicht die Haare
und mir die Zeit zur Antwort nähm.

Doch will das Unglück, ich bestelle
‘ne Menge übers Internet,
das heißt, in jedem dieser Fälle
ich meinen Senf zu geben hätt.

Das würde locker sich am Ende
zu vielen Stunden aufsummiern,
und ich vertippte ganze Bände,
anstatt mein Leben zu goutiern.

Warum soll ich die Trommel rühren
für ‘nen gefräß’gen Großkonzern
und ihm noch die Geschäfte schüren
per Hymnus und Bewertungsstern?

Muss es nicht ohnehin erschrecken,
wie sehr er uns als Kunden kennt
und neue Wünsche zu erwecken,
uns ständig unsre alten nennt?

Was warn das doch für schöne Zeiten,
als sich der Bürger noch empört,
sobald er nur von Staates Seiten
das Wörtchen „registriern“ gehört!

So „gläsern“ ist er heut geworden
in unsrer digitalen Welt,
dass Handel er und Hackerhorden
kaum noch vor größre Rätsel stellt.

Sein Psychogramm „Konsumverhalten“
wird aktenkundig blitzesschnell,
wo immer sie Datei‘n verwalten
für Kunden jetzt und potenziell.

Du schämst dich, ein Kondom zu kaufen
im Supermarkt zum Ladenpreis?
Ach, online wirst Gefahr du laufen,
dass bald schon jeder Puff es weiß!

Das Gleiche in Grün

In noch nicht allzu fernen Zeiten,
als sozialistisch sich genannt
die Zonen, die sich „blühnd“ jetzt breiten
im Thüringer- und Sachsenland,

Warn da an jeder Straßenecke
Plakate dicht an dicht gedrängt,
die unverkennbar zu dem Zwecke
der Propaganda aufgehängt.

Mit selbstgefälligen Sentenzen
schlug man sich an die eigne Brust,
um wenigstens verbal zu glänzen
im Klassenkampf nach Herzenslust.

„Der Fortschritt lässt sich nicht verbiegen.
Wir gießen Eisen, schmieden Stahl.
Einst wird der Sozialismus siegen.
So geht Geschichte nun einmal.“

Ein Satz mit x. Der clev’re Westen
verschlang das spröde Plansystem,
denn seinem waren nur die Besten,
das heißt die Gierigsten genehm.

Und so setzt sich mit andern Zeichen
die Wäsche der Gehirne fort –
die Ecken und Plakate gleichen
sich von der Absicht bis aufs Wort.

Nur dass statt der Politparolen
sich Werbung nun an Werbung reiht,
die kunterbunt und unverhohlen
Produkte in die Gegend schreit,

Die allesamt, auf Kaufmannsehre!,
von einzigart’ger Qualität,
dass gradezu ein Schussel wäre,
wer nicht in’n nächsten Laden geht.

Und noch dazu bei einem Preise,
der „supergünstig kalkuliert“,
dass man sich fragt, auf welche Weise
denn der Verkäufer profitiert.

„Sie wollen den perfekten Wagen,
wo rundum einfach alles stimmt?
Vom Starten bis zum Türenschlagen
es Ihnen schlicht den Atem nimmt?

Was suchen Sie nach andern Marken?
Wir haben ihn für Sie gebaut –
gazellenhaft, um einzuparken,
mit Blech wie Elefantenhaut.

Und fast so fix wie ‘ne Rakete
mit Spitze xx km/h,
der flitzt nur so durch Land und Städte
und ist schon vor der Ankunft da!“

In diesem Stil bei allen Dingen,
die’s einen zu erwerben juckt –
mit süßen Engelszungen klingen
die großen Töne, die man spuckt.

Doch oft kommt noch das dicke Ende
aus weiß der Teufel welchem Grund
und mancher seufzt, ach, hätt die Hände
ich nie gestreckt nach diesem Schund!

Die Kunst, wen auf den Leim zu locken,
ist reine Seelenwissenschaft
und Kunden psychisch abzuzocken
des Werbefritzen Schaffenskraft.

Das heißt, die Kunst zu überreden
geht der zu überzeugen vor.
So zog die Lüge ihre Fäden,
bis sie als Lüge sich verlor.

Denn dies Gespinst von Geld und Gütern,
durch das kein Adlerauge blickt,
ist ja den gierigsten Gemütern
wie eigens auf den Leib gestrickt.

Hoch leben materielle Werte,
und König sei, wer konsumiert!
Auf jenes Goldnen Kalbes Fährte
bald auch der Mensch zum Vieh mutiert.

Ihm ihren Willen aufzuzwingen,
ist nicht nur Diktatorenbrauch –
die seine Freiheit stets besingen
verschmähn für ihren Zweck sie auch.

Mag vieles die Systeme trennen,
in einem sind sie schrecklich gleich –
dass Menschen scheinbar sie nicht kennen,
Figuren nur, wie Wachs so weich.

Solln wir den Mut drum sinken lassen?
Wie fest schien damals die Partei!
Man muss ‘nen langen Atem fassen –
auch dieser Spuk geht mal vorbei.

Verschlankung

VerschlankungVon Bürgern hör ich heut noch reden,
die mit ‘nem Ausweis man erfass,
doch morgen sehe ich schon jeden
mit einem Konsumentenpass.

Der hat nicht nur so wie bei Waren
das Datum des Verfalls notiert,
nein, speichert auch noch das Gebaren,
mit dem sein Eigner konsumiert.

Denn zum Gesetz hat man erhoben,
dass jeder möglichst viel verbraucht,
damit der schwarzen Gang da oben
der Schornstein immer fröhlich raucht.

Drum ist der Pass auch abgelaufen
schon binnen einer Jahresfrist
und wird erneuert, falls beim Kaufen
zumindest man im Soll noch ist.

Dies aber weiter anzuheizen
nachhaltig mittels Bild und Ton,
wird wen’ger noch mit Werbung geizen
in Zukunft man als heute schon.

Dazu hat man die Werbezeiten
im Fernsehn so weit angeschwellt,
dass zu Minuten-Winzigkeiten
der schönste Spielfilm noch zerfällt.

Das wird auf uns herunterrieseln
wie Schnee und Regen, ungefragt,
dass dauernd wir in Läden wieseln
zur unfreiwill’gen Schnäppchenjagd.

Für Bürgerrechte, schwer errungen,
gibt’s nicht einmal mehr ein Gericht.
Statt dessen wird uns aufgezwungen
das strenge Joch der Kundenpflicht.

Es dreht um Preise und Produkte
das Lebenskarussell sich nur –
und wehe, wenn da einer muckte,
man schickte ihn zur Koofmich-Kur!

Die Armen werden immer ärmer,
indes man stetig wachsen sieht
das Säckel jener Wirtschaftsschwärmer,
die nichts im Brägen als Profit.

Doch wer soll daran Anstoß nehmen?
Das pralle Konto ist ja Kult,
und wer nichts hat, soll sich was schämen:
An Elend ist man selber schuld.

So reden sich heraus die Reichen,
so ihr moral’sches Feigenblatt:
Dem Ärmsten soll man noch mehr streichen,
da ohnehin er faul und satt!

An ihrer kurzen Leine halten
die Bosse mit geballter Kraft,
den Staat ersetzend und sein Walten,
die ausgepresste Bürgerschaft.

Verschlankt und in den Tod getrieben
nebst allen Pflichten, angestammt,
ist als sein letzter Rest geblieben –
nur das Skandalvertuschungsamt.