Theophysik

TheophysikDer Physiker, vernunftgeboren
wie Venus einst aus Meeresschaum,
mag nicht im Aberglauben schmoren,
dem Fallobst vom Erkenntnisbaum…

Und fahndet folglich nach den Quellen
für dieses kosmische Geschehn
in seinen allerkleinsten Zellen,
die als unteilbar anzusehn.

Was für ein Aufwand an Maschinen
und raffiniertestem Kalkül,
dass diesen fleiß’gen Geisterbienen
gehörig auf den Zahn er fühl!

Doch endlich kann er Honig saugen
aus seiner Forscherochsentour –
beurglotzt mit den Bildschirmaugen
der scheuen Stromer flücht’ge Spur.

Ein Irrlicht ist da gar nichts gegen,
das wabert lange durch die Luft,
indes der jähe Teilchenregen
im Nu auch schon im Nichts verpufft!

Dies also zu den Ziegelsteinen,
aus denen unser Bau besteht –
Koloss auf dürren Spargelbeinen,
der protzig seine Runden dreht.

Und unser Fundament-Erkunder,
noch immer in der Bibel Bann,
hält dies für eines jener Wunder,
die man auch göttlich nennen kann.

Verleugnet seine eigne Sache
mit „Ungewiss“ und „Könnte sein“,
dass man nicht weiß, in welchem Fache
er wirklich hebt sein Pinkelbein.

Da ist der Pfaff von anderm Schlage,
der sich in Skrupel nicht verrennt,
weil seinem Geist auch unter Tage
das Grubenlicht des Himmels brennt.

Der reibt wie immer sich die Hände,
wenn irgendwo was neu entdeckt,
da doch in jedem Ding am Ende
das Wunder seines Daseins steckt!

 

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