Unrundes Fest

unrundes-fest-jacob-jordaensGlückwunsch! Heut ist es 13 Tage alt.
Man sollte doch die Feste kürzer feiern.
Die Zeit verfliegt, verrinnt nicht träge, bleiern.
So jung noch, ach, dies Jahr – und fort schon bald!

Als Festtrunk hab ich ’nen Cinsault erwählt,
fürn Pappenstiel im Supermarkt erschwungen.
Pays d’Oc. Ein Wein für Troubadourenzungen.
Hélas, dass nur ein Liebeshof mir fehlt!

Und doch ist er der Hohen Minne Sporn,
auf hehre Frauen auch gerichtet: Musen.
So seufz ich mir ein Nachtlied aus dem Busen,
da mählich höher steigt Selenes Horn.

Noch immer fällt der Regen dicht und schwer,
hör seine Hufe durch die Pfützen prasseln
und lass mir doch die Stimmung nicht vermasseln,
als ob ich selbst sein kühner Reiter wär.

Gemütlichkeit der Küche garantiert.
Ein Sitzbad nehme ich in Wärmewogen,
nipp ab und zu an cremig rotem Rogen,
der der Hellenen deft’ge Küche ziert.

Oliven runden ab mein Göttermahl,
die großen schwarzen aus Messeniens Hainen,
die Würze, streng, mit feiner Frische einen,
frugaler Gruß aus dem Eurotas-Tal.

Des Lämpchens Licht sich übers Blatt ergießt,
das wölbt sich, wie um faul nicht zu ermatten,
und schwärzt sich selber mit ’nem krummen Schatten,
dass hell mal ist, mal dunkel, was man liest.

Jetzt wabert Blaulicht geisterhaft vorbei,
vom irren Sang begleitet der Sirenen.
Doch statt mich wie Odysseus heiß zu sehnen,
lässt kalt mich diese schrille Litanei.

Mein Heim, ach, Fliehburg, sakrosankt, Asyl
– inmitten Schlachtenlärm herrscht Gottesfrieden –,
liegt laut urban, doch gleichsam abgeschieden
wie’n trutzges Kirchenschiff im Marktgewühl.

Kaum eingetreten durch das hohe Tor,
verstummt die Straße mir mit einem Schlage,
und süße Stille steigt von untertage
und Kühle, die nach Moder riecht, empor.

Die heil’gen Utensilien überall;
Geräusche würden beim Betrachten stören,
erschwern, die Stimme innerlich zu hören,
die ihrer düstren Schatten Widerhall.

Das Radio hier und da der Toaster thront.
Und über ihnen lässt das Maß der Zeiten
den Zeiger über seine Ziffern gleiten,
der sich aus purer Pünktlichkeit nicht schont.

Der Kühlschrank dient mir treulich als Altar,
auf dem ich meine Opfer zelebriere,
Tomaten schneide oder Brötchen schmiere,
die meinem Bauch, dem Moloch, ich bring dar.

Das Feierliche gibt sich hier profan,
entbehrt des weiten Kirchenraumes Enge
mit seiner gotisch arabesken Strenge,
dem Glauben, der versteinerte zum Wahn.

Den alten Göttern weihe ich mein Fest,
die sich den Teufel um die Sünde scheren,
die gern sie und genüsslich selber mehren
da oben im olymp’schen Liebesnest.

Und ist es nicht ein liebenswerter Zug,
auf höchster Ebene die Kunst zu pflegen?
Neun Jungfraun, wie viel können die bewegen!
Ihr seht es ja an diesem Höhenflug!

O Strophen, dem Parnassus dargebracht,
die Musen könntet endlos ihr besingen,
käm Hypnos nicht geschwebt auf leisen Schwingen,
Tribut zu fordern, Schlummer, für die Nacht.

Was hilft’s. Das Schöne auch hat seinen Schluss.
Des Schreibers Amt heißt es nun niederlegen.
Doch morgen schon kann ich es weiterpflegen,
da ich den 14. doch feiern muss!