Zum Frühlingsanfang

Zum FrühlingsanfangDem Radio heute zu entnehmen:
Schlag zwölf der Frühling eingekehrt.
Muss sich die Sonne deshalb schämen?
Vom Himmel lacht sie glutgenährt!

Und auch die leid’gen Wolken scheinen
zu wissen, was sich heut gehört –
nicht eine einz’ge auf den Beinen,
dass sie die weiße Weste stört

Des Blaus, das wie ein Seidenschleier
vorm Angesicht des Kosmos liegt
und das zu dieses Tages Feier
mal endlich wieder Farbe kriegt.

Sogar der Wind hat sich verkrochen
und hält diskret den Atem an.
(„Erst mal auf kleiner Flamme kochen;
den Lenz nehm ich mir schon noch ran.“)

So wollen sie ihn alle ehren,
den Helden, Retter, Winterschreck,
von seinen milden Gaben zehren,
den frischen Blumen im Gepäck.

Die Sonne taucht die goldnen Fühler
begierig in den bunten Flor
und holt, der Biene fleiß’ger Schüler,
sich tausend Düfte draus hervor.

Die Wolken schicken ihre Tränen
den Blüten zu in Feld und Au,
weil sie nach Mitleid sich wohl sehnen,
die selber sie so ewig grau.

Was aber mag den Wind bewegen,
dass er die Blumen lieb gewann?
Nun, weht er dem nicht gern entgegen,
den er mal richtig zausen kann?

Doch sachte mal, ihr Lieben, sachte –
macht eine Sendung schon den Lenz?
Was uns der Rundfunk nicht schon brachte,
dass er mit Wetterweisheit glänz!

Wir wissen doch vom „Hörensagen“,
wie oft er sich vergaloppiert
mit Sonnen- und mit Regentagen,
die felsenfest er garantiert.

Solln wir uns diesmal drauf verlassen,
dass mit dem Lenz er Recht behält,
weil die Indizien dazu passen
und keines aus dem Rahmen fällt?

Gleichwohl mach ich mir keine Sorgen,
dass er nicht vor der Türe steht.
Kommt er nicht heute, kommt er morgen.
Sofern die Erde sich noch dreht.

 

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