Unter Hausarrest

Unter HausarrestWo jede Freiheit ich genossen,
wo jeder Weg mir offen stand –
wie in ‘nem Kerker eingeschlossen
nun eisern zwischen Tür und Wand!

Zwar klappert keiner hier die Runde
mit amtsgewalt’ger Miene ab
und scheppert mit dem Schlüsselbunde
auf leisen Sohlen, tapp, tapp, tapp.

Auch kommt kein Anstaltspsychopater,
der auf den Brägenbusch mir klopft,
um rauszukriegen, ob Theater,
ob Ernst mir von den Lippen tropft.

So wie’s auch fehlt am Herrn Direktor,
der über allen Wolken schwebt
und drum in seinem schmalen Sektor
fast nur noch als Legende lebt.

Doch hält mit ihren schwarzen Krallen
die Nacht mich fest in meinem Bau
und lässt nur in den Schlaf mich fallen,
damit ich ihre Fratzen schau.

Indes von draußen, von der Treppe
tönt jäh mir ein Geräusch ins Ohr,
als ob sich da ein Nachbar schleppe
mit schwerem Schritt nach oben vor.

Gewiss ein armer Zeitgenosse,
der gleichfalls sich in Haft begibt
und über mir im Dachgeschosse
den Hintern in die Zelle schiebt.

Doch ehrlich, was wir nachts erleiden,
ist andrerseits durchaus human.
Wir müssen uns nicht streifig kleiden
wie einer auf der schiefen Bahn.

Und können mancherlei genießen –
Lektüre etwa, Film und Funk,
und, um den Vogel abzuschießen,
‘nen ausgesuchten Schlummertrunk!