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Geisterspiele

Nichts, heißt’s, die Menschen so verbindet
zu friedlicher Gemeinsamkeit
wie Sport, bei dem sich jeder schindet,
hochleistungs- und rekordbereit.

Doch lässt uns die Erfahrung wissen,
dass dies nicht immer so der Fall,
zum Beispiel, wenn zwei Teams verbissen
sich balgen um den Lederball.

Da fliegen häufig dann die Fetzen,
das ist schon nicht mehr feierlich,
und dass die Spieler sich verletzen,
passiert fast ständig unterm Strich.

Man steigt sich rüde auf die Knochen,
foult „taktisch“ gegen Torbeschuss,
dass mancher Gegner gar für Wochen
auf der Ersatzbank dümpeln muss.

Das Spiegelbild: Die Fangemeinde
Die führt den Kampf auf ihre Art.
Die von der Konkurrenz sind Feinde,
da wird an Häme nicht gespart.

Und oft ertönt noch von den Rängen
der Hass, der sich im Halse staut,
als gift’ger Schwall von Schlachtgesängen,
vor denen‘s sogar Wotan graut.

Ja, Leuchtraketen auf den Rasen
und Böller schleudert man frustriert,
dass er sich im Gestank von Gasen
und buntem Nebeldunst verliert.

Oft kommt es auch zu Schlägereien
aus nichtig negativem Geist,
wenn eine sich der Streitparteien
bei Schlappen nicht am Riemen reißt.

Im Keim erstickt ist die Randale,
das hätt kein Ordner je gekonnt.
Dank Virus herrscht mit einem Male
nur Frieden an der Fußballfront.

Zuschauer, kostenpflichtig: Keine.
Das Stadion gleicht ‘nem Geisterhaus.
Die Kicker treten Ball und Beine.
Der Fan tobt sich woanders aus.

Die Männer vom K2

Unendlich schier die weiße Weite.
Und jeder Schritt versinkt im Schnee.
Von vorn der Wind und von der Seite.
Der Männer stummes Defilee.

Ihr Vormarsch nichts als Kampf und Keuchen.
Die Seilschaft kommt nur zäh voran.
Den innren Schweinehund verscheuchen.
Sich kurz verschnaufen dann und wann.

Wie Feuer blitzt’s aus den Kristallen,
wo sich der Frost die Zähne wetzt.
Die Zeit scheint sich zum Punkt zu ballen,
zum endlos quälerischen Jetzt.

Die Beine wollen schon versagen.
Der Geist am Ende seiner Kraft.
Und regungslos die Gipfel ragen.
Ihr Leib verschwimmt gespensterhaft.

Die Kälte wächst mit jedem Meter,
den man dem Leidensweg entrang.
Und dünner wird die Luft, der Äther,
je höher man am Todeshang.

Dann oben endlich! Lachen, Weinen,
man liegt sich in den Armen, schreit.
Und in der Götter eis’gen Hainen
Momente für die Ewigkeit.

Dann auch schon wieder abgeschwungen.
Strapazen auf dem Weg ins Tal.
Der Aufstieg aber ist gelungen
im Winter nun zum ersten Mal.

Was wohl zu dem riskanten Treiben
die kleine Schar beflügelt hat?
Man wird es in die Chronik schreiben
als weitres Heldenruhmesblatt!

Kein Winkel dieser schönen Erde
entrinnt des Menschen Wagemut.
Dem Ersten folgt schon bald die Herde.
Die Welt verkommt zum Wirtschaftsgut.

Fehlentwicklung

Ist es schon immer so gewesen,
dass es nach oben einen führt,
wenn man mit populären Thesen
dubiose Emotionen schürt?

Meist scheint die Rechnung aufzugehen,
wie man in vielen Ländern sieht,
wo gern an dieser Schraube drehen,
die’s in die höchsten Ämter zieht

Und dabei schwimmen auf der Welle
der demokratischen Struktur:
Die Mehrheit siegt auf alle Fälle,
und wär sie noch so dünn auch nur!

So kommt wo immer auch die Masse,
beduselt von des Schwätzers Schwall,
mehr durch ‘ne kleine Seitengasse
bisweilen auch mal an den Ball.

Kaum aber auf den Leim gekrochen
dem großen Magier und Mäzen,
hat der auch schon sein Wort gebrochen
und lässt sie schön im Regen stehn.

Heißt: Jener, dem sie diese steile
Karriere erst ermöglicht hat,
nährt nur des Volkes Vorurteile
und macht nicht seine Bäuche satt.

Hat erst die Zügel er in Händen,
dass er den Kurs bestimmen kann,
beginnt er auch schon umzuwenden
das willenlose Staatsgespann

Und führt die angeschmierten Ochsen
auf einem windigen Parcours
statt an gefüllte Futterboxen
direkt ins Joch der Diktatur.

Um jeden Anstand zu vergessen,
Gewissen, Ehre, Menschlichkeit –
wie ist der Lohn dafür bemessen,
der Judaslohn für fremdes Leid?

Sich wohlig in der Macht zu wälzen
wie eine Wildsau im Morast,
vor Seligkeit dahinzuschmelzen,
wenn man den Leuten eins verpasst?

Wie könnte selber er erklären,
was seinen eitlen Trieb geweckt –
glaubt er doch selbst in allen Ehren,
dass etwas Großes in ihm steckt.

Und einsam weilt er auf der Höhe,
wo spähend nur der Adler kreist,
und fürchtet sich doch vor der Böe,
die jäh ihn in den Abgrund reißt.

Ließ er nicht schon Moral vermissen,
kaum dass er auf den Füßen stand?
Den Fröschen Beine ausgerissen,
den Ischen Puppen aus der Hand?

„Früh krümmt sich“, hört man öfter sagen
des Volkes weisheitsfrohen Mund –
doch statt zum Häkchen auszuschlagen,
wird mancher nur zum krummen Hund.

Schreibsport

In nacktem Weiß mir untern Händen
erneut ein unbeschriebnes Blatt,
das mit des Kulis Blau zu schänden,
die Muse keine Skrupel hat.

Ich führe also meinen Schreiber
mit permanentem Zeilenzwang
nicht anders als ein Eseltreiber
den Grauen seinen Pfad entlang.

Der trägt indes auf seinem Rücken
die Last für ‘ne geraume Zeit
und spürt sie auf sein Kreuz noch drücken,
bis ihn der Stall davon befreit.

Mir aber liegt nichts auf dem Nacken,
was um ein Gramm mich nur beschwert;
hab ja nur Lyrik einzusacken,
die längst schon ihr Gewicht entbehrt.

Drum immer munter fortgeschritten
auf meinem „vorgeschriebnen“ Weg;
was brauch ich raue Treibersitten,
dass mächtig ich ins Zeug mich leg?

Das kann natürlich daran hängen,
dass mich ein Gen hat programmiert
und neben allen andern Zwängen
mich auch mit Dichtung infiziert.

Doch mag es ein Geheimnis bleiben,
es ändert nichts am Sachverhalt –
mich reimend an der Welt zu reiben,
treibt mich mein Daimon mit Gewalt.

Ich setze schon seit vielen Jahren
auf die bewährte Therapie,
die Lebenslust mir zu bewahren,
wie andere auf Wasserski.

Mich ziehn die Musen an der Leine,
dass ich durchpflüg das stille Weiß.
Und Stürze gibt es dabei keine.
Solang ich mich am Riemen reiß.

 

Petri Heil!

Die Ruhe weiß ich wohl zu schätzen,
die mit der Dämmerung beginnt
und auf den Straßen und den Plätzen
zur Abendstille bald gerinnt.

Die Strände sind schon längst verlassen.
Nur hier und da noch, Pipapo,
Erinn‘rung an die Menschenmassen –
ein Ball, ein Becher irgendwo.

Geschleppt zum Wagen um die Ecke,
der dicht geparkt in langer Reih,
die Schirme, Liegen und Bestecke
und was noch sonst am Strand dabei.

So wurde wieder Platz geschaffen
für‘n andern Typ, der’s Wasser liebt,
den Angler, der ‘nen Barsch zu raffen,
oft Stunden seine Wache schiebt.

Die warn da immer schon zugange
im Mondschein und bei Sternenlicht
und immer schon mit diesem Drange:
auf Abstand und auf lange Sicht!

Das sind mir prächtige Gestalten,
wenn auch als Schatten sichtbar nur,
die strikt sich an die Stille halten
aus ihrer innersten Natur.

Unendlich scheint das schwarze Schweigen,
das sich bis Afrika erstreckt,
und sacht im Zug der Schnur sich neigen
die Ruten, in den Sand gesteckt.

Ein Stern lugt hier und da verschlafen
und blinzelnd aus dem Wolkenbett.
Ob ihn des Anglers Blicke trafen?
Als ob er dafür Augen hätt!

Ist ihm was auf den Leim gegangen
und zappelt sich am Haken fest,
hört an der Leine man, der langen,
Geplätscher, das nicht lockerlässt.

Ein Fisch in seinem stummen Leiden,
wie er sich windet und verbiegt,
mag aus dem Leben noch nicht scheiden,
weil so wie uns ihm daran liegt.

Vergeblich allerdings sein Kämpfen,
der Haken steckt ihm tief im Leib.
Am Ende: Kochen, braten, dämpfen.
Der Judaslohn für‘n Zeitvertreib.