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Stadtvermöbelung

Erlebnis: In der City shoppen.
Das heißt, die Nerven liegen blank.
Die Tüten schon nicht mehr zu toppen.
Ein Königreich für eine Bank!

Man muss sich dringend mal verschnaufen.
Die Arme machen nicht mehr mit.
Von wegen, ein paar Sachen kaufen.
Das zieht wie Blei bei jedem Schritt.

Da gibt’s zum Glück ja diese Bänke.
Da lehnt man sich entspannt zurück,
schaut halb versöhnt auf die Geschenke
und prüft noch einmal jedes Stück.

O heil’ge Einfalt, eine Lehne!
Die gab wohl früher einmal Halt.
Heut wandelt sich die Straßenszene,
und Stein macht dir den Hintern kalt!

Der Grund für diese Mobbing-Möbel
liegt – pst, nicht petzen! – auf der Hand:
„Zum Luxus passt hier nicht der Pöbel,“
vertraulich so der Fachverband.

„Nur keine Penner, wie sie hungern
mit keinem Heller auf der Naht,
um ganze Tage rumzulungern
als Werbung für den Wohlfahrtsstaat.

Wir wollen hochpotente Kunden
mit möglichst dickem Portemonnaie,
die nur so wuchern mit den Pfunden,
und dann husch, husch aufs Kanapee.“

Und weil’s bei Heuchlern ja so Sitte,
was schönzureden mit Bravour,
nennt dreist man diese Sitzverschnitte:
Defensive Architektur.

Lobbywirtschaft

Sich nur dem Wettbewerb zu stellen
mit ungewissem Resultat,
erscheint in Tausenden von Fällen
dem Produzenten nicht probat.

Drum knöpft er die Entscheidungsträger
in seinem Wirtschaftszweig sich vor
und setzt als Interessenpfleger
‘nen kleinen Mann ihnen ins Ohr.

Und dieser flüstert ohne Ende,
rhetorisch auf dem neusten Stand,
dass Obigem man möglichst spende
den Segen ihrer starken Hand.

Die kann Gesetze dann erlassen
und/oder pusht per Subvention
und füllt der Branche ihre Kassen
mit dem erhofften Lobbylohn.

Natürlich lässt sich leicht vermuten,
dass da ‘ne Menge Schmu im Spiel
und unsre Steuerzahler bluten
für manchen oberfaulen Deal.

Will auf ein Beispiel mich beschränken,
da ich nicht alle nennen kann,
und eure Aufmerksamkeit lenken
auf den modernen Ackersmann.

Der geht den Turbotrecker starten
und auf das weite Feld verbringt
in tausend technisierten Fahrten
die Gülle, die zum Himmel stinkt.

So will er die Erträge mehren
des Korns, das er da angebaut,
und ohne sich darum zu scheren,
ob die sich bös im Boden staut.

Schreit: Friede unsren Bauernhütten,
doch Krieg der Umwelthysterie!
Verteidigt euer Recht zu schütten,
womit seit je die Frucht gedieh!

Dabei weiß er auf seiner Seite
die Stentorstimme für das Land,
dass sie ihm Sonderrecht erstreite –
den bäuerlichen Dachverband.

Und Vielfalt weicht den Einheitsfluren,
dem Flächenfraß mit Pflug und Dung.
Des Lerchensangs Koloraturen
verkümmern zur Erinnerung.

Immunitäten

Wer würde jetzt sein Bündel schnüren,
sich rauszuwagen in die Welt?
Wohin du kommst: Verschlossne Türen.
Du hast ein Ticket? Es verfällt.

Verödet sind die Kinosäle,
in Dunst und Dämmer eingehaust.
Kein Popcorn knirscht sich in die Kehle,
wenn’s dich vor Spannung grade graust.

Museumswände und -vitrinen
verfehlen gleichfalls ihren Zweck.
Statt intressierter Kennermienen
schaun hier nur Putzen nach dem Dreck.

Die Tiger, Löwen und Giraffen
in ihrem städtischen Asyl
sind derzeit auch nicht zu begaffen,
und zwar aus ähnlichem Kalkül.

Denn Menschenmengen sind zu meiden,
damit man sich kein Virus fängt.
Das Herdentier muss von den Weiden
und bleibt auf seinen Stall beschränkt.

Nur noch zur Arbeit darf man gehen
im Schatten dieser Pandemie,
den Lebenssaft nicht abzudrehen
dem Handel und der Industrie.

Und, ebenfalls leicht auszumalen,
zum Kauf von Nudeln, Wurst und Brot,
doch ohne Stau an den Regalen,
sonst sieht der Ladenschwengel rot.

Und wer als Maurer nicht gerade
bei Regen schuftet oder Schnee,
der wandert online seine Pfade
und jobbt jetzt auf dem Kanapee.

Das mag wohl manchem auch gefallen,
der packt die Einsamkeit beim Schopf,
doch kommt durchaus nicht an bei allen:
„Mir fällt die Decke auf den Kopf!“

Entwarnung, lauten die Prognosen,
wenn man geimpft landauf, landab,
doch leider sind dafür die Dosen
noch immer himmelschreiend knapp.

Die „Macher“ soll der Teufel holen,
die schon geschlampt gleich zu Beginn –
jetzt halten sie mit Trostparolen
die ungeschützten Massen hin!

Ja, einige der hohen Räte,
das Telefon gespannt am Ohr,
sie ziehen ihre dunklen Drähte
und drängeln sich noch schamlos vor!

Gratiskonzert

Die tiefen Töne überwiegen
bei dieser kruden Melodie,
die morgens schon herüberfliegen
vom Baugelände vis-à-vis.

Nur eine Handvoll Instrumente,
doch nichts von Flöte und Spinett.
Das Fehlen feinerer Akzente
macht ein konstantes Forte wett.

Der Bohrer spielt die erste Geige,
ein riesenhafter Kontrabass,
dass tief er in den Boden steige
zu Proben ohne Unterlass.

Ein Scheppern ist sein Markenzeichen,
wenn innen an sein Rohr er schlägt,
dass dem Gewinde so entweichen
die Klumpen, die es mit sich trägt.

In einer etwas höhren Lage
gibt sich dafür die Raupe kund –
Gestöhn hält dem Gequietsch die Waage,
düst sie con brio übern Grund.

Dazu das Brummen der Motoren
von Lastern, die geduldig harrn,
wie große, schwerbereifte Loren
das Baggergut davonzukarrn.

Die Kammer-Crew der Interpreten.
Doch gibt auch einer an den Ton –
statt mit dem Stock, dem obsoleten,
mit einer Mess-Totalstation.

Ein Weißhelm hebt ihn aus der Menge
der Spieler mit den bunten raus.
Er kennt nach Breite und nach Länge
den Masterplan des ganzen Baus.

Obwohl die Töne üppig fließen,
bis abends man die Bühne sperrt,
lässt sich doch eintrittsfrei genießen
dies lange Open-Air- Konzert.

Doch leider hab auf die Moderne
ich immer noch nicht richtig Bock
und träum mich lieber in die Ferne
zurück zu Klassik und Barock.

So zähln zu meinen Favoriten
Vivaldi, Telemann und Bach.
Was die da drüben aber bieten,
das nenn ich schlicht und einfach Krach.

König Kunde

Zum ersten Mal in unsrem Laden?
Herzlich willkommen umso mehr!
Soll ihnen jedenfalls nicht schaden,
für Qualität geb ich Gewähr.

Hier ist sogar der König Kunde,
und zwar ein treuer überdies,
der grade erst vor einer Stunde
sich wieder etwas liefern ließ.

Und das ermutigt mich, zu hoffen,
dass wir auch Sie zufriedenstelln –
wir sind für alle Wünsche offen
bis zu den ausgefallnsten Fälln.

Was Sie im Übrigen hier sehen,
womit ich gerne Ihnen dien,
ist nur als Auswahl zu verstehen
aus unsrem Riesenmagazin.

Durchweg die allererste Ware
mit Gütesiegel und Grand Prix,
doch weitre Worte ich mir spare,
denn der Experte sind ja Sie.

So geht der letzte Ladenschwengel
der werten Kundschaft um den Bart,
ein ausgebuffter Lügenbengel
als Sinnbild unsrer Gegenwart.

Die weiß von nichts als von Geschäften
und von der Aussicht auf Gewinn,
und jeder gibt mit allen Kräften
sich dem Gespenst des Mammons hin.

Nicht ahnend, dass auch dies Verhalten
zu einem schillernden Phantom,
schon ausgeheckt von einem Alten,
der hochberühmt als Ökonom.

Was der indessen noch nicht wusste
und nicht als wünschenswert empfand,
entsprechend seiner Lehre musste
entfachen doch ‘nen Flächenbrand.

Denn wie der Habgier stete Flamme
sich tiefer in die Herzen frisst,
wurd jener mählich zum Programme,
das wie ein Amen gültig ist.

Soll jeder nur sein Süppchen kochen,
er nützt damit dem ganzen Land –
und die Verteilung aller Knochen
besorgt ‘ne „unsichtbare Hand“.

Will man erfolgreich konkurrieren,
dass sich das Unternehmen lohn,
muss man in Massen produzieren,
auch für den Wohlstand der Nation.

Es muss kein Einzelner mehr feilen,
bis ihm ein Meisterwerk geglückt –
er soll es sich mit andren teilen,
die gleichfalls dran herumgestückt.

Sich in ‘ne Schöpfung zu verlieben,
wie es Pygmalion widerfuhr,
wär ihm wohl nur ein Fuß geblieben
statt der vollendeten Figur!

Und eh das Fließband noch erfunden,
behalf man sich mit diesem Kniff:
Der Mensch in seinen Arbeitsstunden
macht immer nur denselben Griff.

Das leisten allerdings Maschinen
mit weitaus größrer Effizienz,
dass ihres Arms sich zu bedienen
schon bald die Produktionstendenz.

Gehn da nicht massenweise flöten
die nöt’gen Jobs im Lauf der Zeit?
I wo, auch auf der Jagd nach Kröten
siegt letztlich doch die Menschlichkeit!

So ward zum Dogma denn erhoben
ein niedrer, räuberischer Trieb
und mit dem Christentum verwoben
zum „ökonomischen Prinzip“.

Dem Kaufmann schwitzt aus allen Poren
die Galle seiner Heuchelei,
doch predigt er nicht tauben Ohren –
wer ist von Eitelkeit schon frei?