Glücksmomente

GlücksmomenteGanz oben steht er auf dem Treppchen,
die Goldmedaille um den Hals.
Die war, beim Herkules, kein Schnäppchen,
‘ne Riesenarbeit jedenfalls!

Er lächelt glücklich in die Menge,
reckt seine Arme in die Luft.
Applaus der V.I.P.s, der Ränge.
Schweiß schwärzt ihm seine Sportlerkluft.

Wird dieser Sieg ihm Früchte tragen,
nicht nur des Lorbeers stolzen Kranz?
Sich stellen den Reporterfragen…
Sich konzentrieren voll und ganz…

Der schönste Tag in seinem Leben –
und hat so ungewiss gegraut.
Weiß Gott, er musste alles geben.
Die ganze Welt hat zugeschaut.

Wie feierlich spielt die Kapelle
jetzt nur für ihn das Deutschlandlied!
Der Klang durchströmt ihn wie ‘ne Welle
erquickend bis ins letzte Glied.

Der Gipfel aller Glücksgefühle.
Noch kurz vorm Ziel die Aussicht vag.
Dann löst er sich aus dem Gewühle –
und keiner mit ihm. „So ein Tag…“

Und aus die Hymne. Händeschütteln
mit Nummer zwei und Nummer drei.
An seinem Sieg gibt’s nichts zu rütteln.
Auch der Urin war einwandfrei.

Der Aufmarsch dann der Funktionäre.
Und auch die Presse lauert schon.
Man redet viel von Ruhm und Ehre.
Von „unsrer Heimat großem Sohn“.

Er wird viel Autogramme geben.
Das Telefon steht nicht mehr still.
Sein Marktwert wird sich sprunghaft heben
für Werbung, die Idole will.

Jetzt würd er mal ‘ne Dusche brauchen,
er schwitzt ja, dass es Gott erbarmt;
doch will erst in die Menge tauchen
so lang, bis alle Welt umarmt.

Unsterblichkeit ihm prophezeien
Auguren aus dem Sportressort.
Dem sollte er sein Ohr nicht leihen –
die kam nur bei den Griechen vor.

Im letzten Rennen, das wir laufen,
wie immer auch Rekorden nah,
wird Voland uns den Schneid abkaufen –
ist wie der Igel längst schon da.

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