Kunstkonditor

KunstkonditorNur immer kleine Brötchen backen
hat ihn nie völlig überzeugt,
in aller Herrgottsfrüh den Nacken
tief über Sauerteig gebeugt.

Ihm hat, wie’s heißt, seit Kindesbeinen
was Anspruchsvollres vorgeschwebt –
das Handwerk mit der Kunst zu einen,
das Ideal mit dem, was lebt.

So hat er sich der Haute Cuisine
des Backens schließlich zugewandt:
der Torte, gleichsam der Terrine,
wie die Pastete auch genannt.

Und wirklich, seine Kreationen,
die Aug und Gaumen angenehm,
mit nobler Kundschaft ihn belohnen,
die Creme gesellend sich zur Creme.

So hat sie sich ‘nen Ruf erworben
im Viertel, die Konditorei –
nur erste Ware, unverdorben.
bloß nicht der Chef ganz einwandfrei.

Nicht weil da auf pompöse Weise
sein Meisterbrief im Rahmen prangt,
von Zeugnissen der Ehrenpreise
für bestes Feingebäck umrankt.

Nein, weil die schöpferische Seite
des Zuckerwerks ihm so gefällt,
dass er sich in Europas Weite
für den Rodin des Kuchens hält.

Nicht mal des Handwerks goldner Boden,
ach, hält ihn auf dem Teppich fest,
was an den völlig neuen Moden
des Auftritts sich verfolgen lässt.

Natürlich trägt den schlichten Kittel
von früher er nicht mehr zur Schau
und kleidet sich dank reicher Mittel
so farbenprächtig wie ein Pfau.

Und spreizt wie dieser auch die Federn,
dass würdig durch die Welt er schreit’,
so steif und grade wie die Zedern
des Libanon in alter Zeit.

Bekannten geht er aus dem Wege.
„Klienten“ gönnt er einen Schwatz.
An jedem Dienstag Nagelpflege.
Und mittwochs auf dem Tennisplatz.

Er ist ein neuer Mensch geworden,
seit er als Künstler sich versteht –
neronisch nicht im Brennen, Morden,
doch in dem Wahn, er sei Poet.

Ob ‘nen Gedanken er verschwendet
an das, was nach Konditern kommt?
Dass auch der Zuckerbäcker endet,
wogegen ihm kein Törtchen frommt?

Auf einmal stürzt er von der Szene –
direkt ins Loch mit einem Sprung.
Vorbei. Und keine Madeleine
weckt je ihm die Erinnerung.

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