Stille, trügerisch

imagesK9MTL79HO Stille du, voll Spott und Hohn
dein schwarzer Judasmund –
du narrtest mich so häufig schon
um diese späte Stund!

In Frieden lulltest du mich ein,
in süße Harmonie
in diesem Turm von Elfenbein
mit Namen Poesie.

Den Rädern da auf dem Asphalt
hast du den Lauf verwehrt,
damit ins Hirn mir heller hallt
das Schweigen, das dich nährt.

Hast wieder mir die Himmels-Au
ganz spärlich nur besät,
dass wenn ich zu den Sternen schau,
mein Blick ins Leere geht.

Dem Nachbarn träufeltest du auch
‘ne Mütze Mohn aufs Lid,
dass er entgegen seinem Brauch
auf Ruhe heute sieht.

Ja, selbst den Wind, der ohne Rast
durch alle Ecken streicht,
hast du wie einen Köter fast
wohl angeherrscht: Es reicht!

Die Kerzenflamme, lang und schmal
so wie ein Lebensbaum,
sie brütet über ihrem Pfahl
und regt und rührt sich kaum.

Ach, wenn nur dieses da nicht wär,
vollkommen wär die Ruh –
doch lärmt es aus dem Busen her
ganz lautlos immerzu.

Wie es da brodelt, wie es wallt,
wie es im Wechsel schreit:
„Ich mag sie!“ und „Sie lässt mich kalt!“
in wüstem Widerstreit.

Wenn doch in Blitz und Donner nur
dies Schweigen sich verlör,
dass ich im Wüten der Natur
mein eignes Herz nicht hör!

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