Unser täglich Tod

Wenn ich so dunser_taeglich_todurchs Programmheft reise
und schau, was in der Glotze läuft,
stoß ich auf Leichen haufenweise,
erdolcht, erschossen und ersäuft.

Von zwanzig unsrer größten Sender
sind’s sieben, die zur besten Zeit
auch heut als Blut-und-Tränenspender
dem Mord- und Totschlag sich geweiht.

(Um hier vom Spielfilm nur zu sprechen,
geschweige denn vom Serienmist,
in dem das Lieblingsschwerverbrechen,
das Morden, gang und gäbe ist.)

So heißt ein Machwerk „Todesstille“,
ein andres schlicht mit „Hass“ uns droht,
dann Hitchcocks letzter Krimiwille,
gerahmt von „Bang, Bang, Du bist tot“.

Wenn sich Herr Meier vollgeschlagen
mit Käse, Wurst und Bier den Bauch,
braucht für das Hirn, des Kopfes Magen,
er geistig Grobgehacktes auch.

Die Krimiköche (Dollarzeichen,
wo einmal die Pupille saß)
dem anspruchslosen Schlemmer reichen
den leicht verdauten Billigfraß.

Verstetigung der Guckerquoten,
was ja der Sender Zweck und Ziel,
schafft locker man mit Einschalt-Toten –
ich nenn das hier mal „death appeal“.

Der Prolo braucht den Nervenkitzel,
das weiß der schlaue Intendant,
er gibt ihm Gauner, Mörder, Spitzel
und was er sonst an Abschaum fand.

Und jener fläzt sich in den Sessel,
beknabbert ‘ne gesalzne Nuss
und schert ‘n Dreck sich um die Nessel,
in der ein andrer sitzen muss.

Was ja den Teppich noch nicht rötet –
wär da vielleicht nicht der Effekt,
dass Schuss um Schuss wird abgetötet,
auch was ihn selbst vom Schießen schreckt.

Mattscheibe! Dazu beizutragen,
dass diese Welt noch mehr verroht!
Mit all dem Ballern, Würgen, Schlagen
schlägt auch man die Empfindung tot!

Hinzu kommt: Wer als Krimineller
zum Meister es noch nicht gebracht,
holt hier sich, „frisch vom Plattenteller“,
die Tricks, die Kenner sich erdacht.

Genügend Fälle hat’s gegeben
von blinder, blanker Tötungswut
und Finger, die sich warnend heben:
Der Bildschirm auch verbreitet Blut!

Prompt melden sich die Offiziellen
jedweder Anstalt gleich zu Wort:
Wer wagt uns dies zu unterstellen?
Bei uns hat so was keinen Ort!

Entschieden müssn wir uns verwahren
dagegen, dass man uns verhetzt,
die nachweislich seit vielen Jahren
für Sanftmut wir uns eingesetzt.

(Wen’ger blauäugig blaue Augen
hat man wohl selten nur gesehn –
die gleichwohl immer dazu taugen,
dass viele auf den Leim ihn’n gehn.)

Bedauern nicht, nicht Bußgewänder.
Das übliche Geheuchel halt.
So bleibt er, was er war, der Sender:
Die Volksklippschule der Gewalt.

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