Das alte Lied

Das alte LiedVon Liebe würde gern ich singen,
aus vollem Herzen, abgrundtief,
ein Ständchen einem Engel bringen,
der stumm mich vor sein Fenster rief.

Die Lyra liegt mir schon in Händen,
dass ich die ersten Töne zupf,
das heißt aus meinen Restbeständen
Papier, auf das ich Lettern tupf.

Ich bräuchte nur noch loszulegen,
und gleich mit ganzem Schmelz und Schmer,
der Schönen Seele zu bewegen
zu möglichst schwacher Gegenwehr.

Schön wär’s. Die Luken sind geschlossen –
und klappt nicht einmal eine auf,
dass ich, mit Spülicht übergossen,
als Pudel durch die Gegend lauf.

Auf Null gefroren das Interesse,
das mir die Damenwelt noch zollt!
Mein Gott, wenn ich’s am Frühling messe,
der jetzt wie blöd vor Liebe tollt!

Huflattich sah mit goldnen Blüten,
dass er der Biene Rüssel reiz,
ein Mäuerchen ich grade hüten
in krausen Büscheln beiderseits.

Vom Flieder auch kann ich euch sagen,
dass er sein lila Lampenlicht
auf Zweigen, die’s wie Leuchter tragen,
ins Schattengrün des Laubes flicht.

Und der noch grad im ersten Flaume
der Knospen kahl sein Haupt gereckt,
der Ahorn ragt im Straßenraume,
in Blättern nun schon halb versteckt.

Ach, wär doch wie in alten Tagen
von Nymphen noch bewohnt die Flur,
ich pflückte, ohne lang zu fragen,
ein Mädchen mir aus der Natur!

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