Der Wind hat sich zur Ruh begeben,
die Flaggen baumeln schlaff am Mast.
Dem himmelschrei’nden Straßenwesen
hat einen Maulkorb man verpasst.
Doch umso greller die Fassaden:
Kaum zeigt der Tag sein Nachtgesicht,
da rankt um Kneipe sich und Laden
schon bontjefarbnes Neonlicht.
Die Sterne kann man glatt vergessen,
wie sehr sie auch am Himmel glühn:
Was ist ihr Einheitsweiß, gemessen
an diesem Tanz von Blaurotgrün!
Darüber: Nackte Fensterscheiben,
durch die ein matter Schimmer dringt
vom kunterbunten Bildschirmtreiben,
das trübe Blicke auf sich zwingt.
Wer sich im Alltag aufgerieben,
zog sich ins Schneckenhaus zurück.
Sich nerven, langweiln, quälen, lieben –
Gemäuer hüllt das Abendglück.
Zu dem, ich will es nicht verschweigen,
auch das gehört, dem ich mich weih:
den Musen auf das Dach zu steigen
zur Zwanzig-Uhr-Poeterei.
Nur gut, dass mir in meiner Klause
kein Deubel auf die Finger guckt
und sieht, wie mir die Rebenbrause
am Ende in die Suppe spuckt.
Merkt’s nicht der Kritikus, derweilen
mal so, mal so gefüllt das Blatt?
Nein. Weiß er doch, ein Sack voll Zeilen
mal so, mal so viel Strophen hat.
Es wird inkognito geschrieben,
was für die Welt geschrieben ist.
Wein hilft – und hindert nachzuschieben.
Was (Letzteres) man leicht vergisst.