Schneeweiß

SchneeweißSo dicht ist heut der Schnee gefallen,
dass er die Straße ganz begrub,
und alle Laute dumpfer hallen
in diesem weißen Tidenhub.

Die Autos, deren starke Pferde
es lieben, auch mal durchzugehn,
sie tappen, Bauch fast an der Erde,
mit ihren Reifen wie auf Zeh’n.

Und wer mit Stiefeln auf der Reise,
der tastet, Füße hoch, sich fort,
dass seine Sohle nicht entgleise
zu unverhofftem Wintersport.

Des Straßenbaums entblößte Glieder,
bizarr im Kreise ausgestreckt,
da tragen sie ein hübsches Mieder,
kristallen weiß und unbefleckt!

Und dann der Parkplatz gleich daneben,
der Inbegriff urbanen Graus:
Wer kam, ein solches Tuch zu weben?
So sieht er ganz manierlich aus.

Ja, selbst der Häuser schlichte Kronen,
die Dächer, haben sich geschmückt
mit Hauben, wie sie sonst Matronen
in stolze Ehrbarkeit entrückt.

Ein bisschen Lack ihr aufgetragen,
‘nen frischen Anstrich ihr verpasst –
schon ändert sich das Unbehagen,
das sonst uns vor der Welt erfasst.

Der Schnee, er strahlt in unsre Seele,
beschämt sie, so von Makel frei,
als ob er heimlich ihr empfähle,
dass sie fortan ihm ähnlich sei.

 

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