Zweierlei Maß

Die Gleichheit, die die Guillotine
in und mit Köpfen propagiert,
war eine nur dem Hirn entliehne,
die in der Wirklichkeit falliert.

Hat Könige und Bettelleute
sie auch egal vom Haupt befreit,
war’s doch so lange schon vor heute
und war auch nur für kurze Zeit.

Die Herrn und Damen, die zu’n bessern
sich stets, wer weiß warum, gezählt,
sie konnten die Idee verwässern,
bis an Noblesse es ihr gefehlt.

Und wieder gilt die alte Regel
„Quod licet Jovi…“, na, ihr wisst:
Den Streich von einem großen Flegel
man nicht an dem von Göttern misst.

Den ganz normalen Teufelsbraten
nimmt bald der Galgen in die Pflicht,
doch für der Letztren Missetaten
gibt es kein Hals- und Hochgericht.

Und da die ird’schen Majestäten
von Göttern glauben sich bestallt,
wolln sie in deren Stapfen treten
mit Willkür auch und mit Gewalt.

Ja, wie die höchsten Delinquenten
man dennoch weiterhin verehrt,
so sind auch schurkische Regenten
dem Pöbel aller Ehren wert.

Und hätten sie auch Dreck am Stecken,
dass förmlich es zum Himmel stinkt,
solange fremdes Blut sie lecken,
man ihnen Hosianna singt.

Zumal moralische Bedenken
als Mauerblümchen vegetiern
in den Rankünen und den Ränken,
die ganze Länder praktiziern.

Wollt ihr noch schnell das Beispiel hören,
das grad ich in die Finger krieg
und bestens kann heraufbeschwören
das Schmierenstück der Politik?

Zwei Oberhäupter großer Staaten.
Konflikt. Kontakt. Korrespondenz.
Ganoven beide. Autokraten.
Und tituliern sich „Exzellenz“.