Altersneuland

AltersneulandDa wär sie nun, die letzte Phase,
die man auch Rentnerdasein nennt –
so wie das Flämmchen vor der Nase,
das sich zu Ende brennt.

Im Rücken hör das Meer ich schweigen,
auch von den Bergen keinen Laut.
Verstummt der Grillen grelle Geigen.
Der Himmel schläft, entblaut.

Zur Rechten reckt sich wie ein Riese
die Flasche, die den Geist mir birgt,
und dank Rosé gewährt auch diese
den Wunsch, der Worte wirkt.

Verstohlen die Sekunden ticken
vom Hausgestirn, der Küchenuhr –
ein Takt, um selig einzunicken,
so düster und so stur.

Ein Hund bellt in die Abendstille.
Ein Flugzeug brummelt durch die Luft.
Ich ruckel an der Lesebrille,
bis dieser Lärm verpufft.

Ist es nicht typisch so wie immer –
kaum, dass dem Frieden man getraut,
kam es schon dicke oder schlimmer
und hat die Tour versaut?

Doch lieber hör ich kläffend’ Köter
als Bosse, die Befehle knurrn,
Maschinen mit Motorngeklöter
als Rädchen amtlich schnurrn.

Den Ruhestand, den muss ich lernen,
der übt sich nicht im Hamsterrad.
Zunächst: Beharrlich sich entfernen
vom alten Trampelpfad.

Danach: Sich auf den Weg begeben,
des Meilensteine „Muße“ ziert,
in Richtung auf das „wahre Leben“,
das einen neu gebiert.

Das Meer hör hinter mir ich schweigen,
der Berge stumme Buckel vorn.
Aus Tiefen nun die Geister steigen,
gestraft von Gottes Zorn.

(„Die Nacht schafft tausend Ungeheuer“,
das ist seit Goethe uns bekannt,
und weil mir diese Weisheit teuer,
hab ich sie hier verwandt.)

Kurzum: Sie hat noch zugenommen,
die Stille – wie die Abendflut.
So mag die Zukunft also kommen:
Der Anfang macht mir Mut.

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