Am Tempolimit

am-tempolimit-tamara-de-lempickaMit Riesenschritten eilten wir,
die Länder zu durchmessen
und haben Kilometer hier
und da en masse gefressen.

Von gelbem Glibber war das Glas
der Scheibe überflossen,
von breiigem Insektenaas
als treuem Fahrtgenossen.

Die Straße flog uns jauchzend zu,
nur um vorbeizurasen –
verbissen blieb der Fahrerschuh
in seinen Gasextasen.

Wir folgten stur der schwarzen Naht,
die in die Flur gezogen,
doch Felder trennend, Frucht und Saat
und goldne Weizenwogen.

Nicht mal der rüde Radarblitz,
verdonnernd uns zu blechen,
vergällte unsern Aberwitz,
Boliden auszustechen.

– Hast du die Burg da grad gesehn?
Da oben die Ruine?
– Ich glaub, das war schon Nummer zehn,
die werden zur Routine.

Toledo so und so Madrid –
Paläste, Kathedralen.
Pamplona nimmt und Tours man mit,
die gleichfalls sich empfahlen.

Rouen verging uns wie im Flug
und Lille, Luik und Leiden –
das Motto, das uns heimwärts trug,
war „Kurz mal schaun und scheiden“.

Hat Regen unsern Lauf gehemmt,
die Finsternis der Nächte?
Als ob wer Kilometer schlemmt
an Sättigung je dächte!

Europa, ach, dies Wonneweib,
Phöniziens Strand entrissen,
ich streifte flüchtig seinen Leib
optischer Leckerbissen.

Doch was ich hastig nur erhascht,
vom Zufall aufgefangen,
hat mich so freudig überrascht,
um mehr noch zu verlangen.

Die Schöne hast die Lust geschürt,
sie stiller anzubeten –
der Schwager, der den Knüppel rührt,
soll künftig kürzer treten!