Nun, wer es auf poet’schem Felde
zu ein’gem Ruf und Ruhm gebracht,
dass selbst er mit verlegtem Gelde
noch locker seinen Reibach macht
Wie zierlich wird er sich bewegen,
damit, der ihm die Schläfe ritzt,
der Lorbeer auch bei Wind und Regen
ganz sicher auf der Platte sitzt!
Mit Sprüchen wird er, mit Sentenzen
als literar’scher Oberhirt
den Nimbus schöner noch beglänzen,
der schön ihm schon zu Häupten schwirrt.
In Sachen Kunst wird er so richten,
dass für ein Salomo er gilt –
mit weisem Urteil sie gewichten,
indem er lobpreist oder schilt.
Und diesem Urteil ist zu eigen,
dass es kein „teils und teils“ enthält.
Um unbestechlich sich zu zeigen,
wird’s rasch und in Schwarzweiß gefällt.
Da mögen auch mal Köpfe rollen,
Karrieren in die Krümpe gehn,
in unsres Richters Protokollen
ist „Irrtum“ gar nicht vorgesehn.
Von des Olymps erhabnen Höhen,
von eines Papsts sakralem Stuhl
gestattet er sich, durchzuflöhen
der Mitpoeten Versepool.
Da sieht er keine großen Fische.
Der einz’ge Hecht im Karpfenteich
er selbst, der bei Apoll zu Tische
und diesem auf der Leier gleich.
Und wie’s so geht in diesen Zeiten,
da man vor großen Namen kniet:
Mag er sich zig Mal auch verreiten:
„Ein Ass auf seinem Fachgebiet!“
Das Bändchen, das in jedem Jahre
er produziert an Poesie,
gilt denn auch stets als erste Ware
und Meilenstein für sein Genie.
Wer aber käme ihr denn näher,
unsterblicher Unsterblichkeit,
als so’n versierter Wortverdreher,
der täglich um die Muse freit?
Und dem im Melos süßer Aulen,
umschmeichelnd seinen Götterrang,
des Höllenhundes dumpfes Jaulen
nie schaurig in die Träume klang?
Was aber, wenn er eingetreten,
der Fall, den er nicht vorgesehn,
und plötzlich mit Gerichtstrompeten
die Todesengel vor ihm stehn?
Wird er wie weiland Orpheus singen,
dass er das Grab zu Tränen rührt,
und so der Aufstieg ihm gelingen,
der ihn zurück ins Leben führt?
Schluss mit den lyrischen Ergüssen!
Schweig, wenn’s Gericht, das Jüngste, tagt!
Du wirst nun damit leben müssen,
dass hier dein Urteil nicht gefragt.