Wie er sich MACHT in seiner Robe,
wie er sich hebt zur Majestät –
der Täter schrumpft schon zur Mikrobe,
bevor’s um seine Ketten geht.
Man steht vor seinem Richterstuhle
wie vor des Höchsten Strafgericht,
dass hier wir dort um Gnade buhle
der Böse, der Gesetze bricht.
Und der Gewalt’ge hockt erhaben
über des sünd’gen Volkes Haupt
und muss nicht lang nach Gründen graben,
warum an seine Schuld er glaubt.
Wie schön, im Rock der Staatsorgane
gemischte Strafen zu verteiln
und unter Gottes Eid und Fahne
im Recht von Sieg zu Sieg zu eiln!
Wenn der, Verhandlung abgeschlossen,
sich abseilt von Justitias Thron,
dann ist ihm frisch ins Blut geschossen
ein reiches Quantum Glückshormon.
Die Riege seiner faulen Kunden
ließ seinen starken Arm er spürn,
indes ihn selber, ungebunden,
nur Wege zur Beförd’rung führn.
Eindeutig die verteilten Rollen:
Hier Sünde, da Gesetzesmacht.
„Das Gute (Paulus!) hab ich wollen,
das Böse aber meist vollbracht.“
Das schwarze Nachthemd, das der Richter
als Ausdruck guten Schlafes trägt,
zeigt auch dem übelsten Gelichter,
wo’n ruhiges Gewissen schlägt.
Doch einmal wird er rausgerissen
aus seinem Paragrafenreich,
weil mit den Jahren arg verschlissen
und mürbe sein Talar zugleich.
Statt aber neu ihn einzukleiden,
schickt ihn sein Dienstherr in Pension
und lässt ihn auf der Pfründe weiden,
die ihm gebührt als Salomon.
Da wird er nicht vor Hunger sterben –
doch mit der Macht ist’s nun vorbei,
zu retten oder zu verderben,
schuldig zu sprechen oder frei.
Kein Mensch scheut mehr sein strenges Walten
noch fürchtet seinen scharfen Spruch.
Man könnt ihn selbst für einen halten –
zu Diebstahl fähig und zu Bruch.