Die zweite, o die zweite Flasche!
Halt dich zurück, du Troubadour! –
Was spricht dagegen, dass ich nasche,
wenn ich noch wach und spät die Uhr?
Montepulciano, rote Sorte.
2011. Ein junger Spund.
Gleichwohl bring ich ihn an die Pforte
zum längst verblassten Kirschenmund.
Um in „Gehalt und Frucht“ zu schwelgen,
wie es die Binde mir verspricht.
Nun, fährt der Geist noch nicht auf Felgen,
seh keinen Grund ich für Verzicht.
Noch kann ich alles klar erkennen.
Der Tisch, die Küche – nichts verschwimmt.
Ich seh am Docht das Flämmchen brennen
und wie er an der Spitze glimmt.
Auch wenn den Blick ich prüfend hebe
und angestrengt durchs Fenster stier,
scheint alles fest, nicht in der Schwebe,
ein wahrer Fels von ‘nem Quartier.
Warum dann weg schon mit der Leier?
Ich kurbel dran so lange rum,
bis mir ums Hirn ein leichter Schleier
orakelt vom Delirium.
Jetzt auch zur Hälfte schon genossen
die rote Rebe Nummer zwei!
Und dennoch kelt’r’ ich unverdrossen
fortlaufend Verse mir dabei.
Als Dichter muss man viel vertragen
von diesem Teufelszeug, der Welt,
dass man, schlägt’s einem auf den Magen,
in Katzenjammer nicht verfällt
Und seine biederen Gesänge
auch weiter von der Spule spinnt
hinaus aus seiner Klause Enge
dahin, wo offne Herzen sind.
Ja, wenn ich ehrlich bin, ich fühle
mit jedem Schluck mich mehr gestärkt;
doch der Verstand sagt mir, der kühle:
Hör lieber auf, eh man was merkt!