Ein Defilee

Ein DefileeIn einer lang gestreckten Zeile,
die Banner als Akzente trug,
bewegte in gemessner Eile
wie Lettern sich der Menschenzug.

‘n Einpeitscher voraus der Schlange,
der brüllend ihr die Richtung wies,
hielt eisern den Refrain in Gange,
mit welchem in sein Horn sie stieß.

Doch aus dem schrecklichen Getöse
ließ schwerlich sich ein Sinn entwirrn,
dass man mit letzter Klarheit löse
dies Klangorakel fürs Gehirn.

Nur aus dem ständgen Wiederholen
von Lautgebilden gleicher Art
schloss ich auf etwas wie Parolen
‘ner hochpolit’schen Pilgerfahrt.

Und richtig: An den Landesfahnen,
die stolz man in die Höhe hielt,
ließ mehr als deutlich sich erahnen,
worauf der lange Marsch gezielt.

Ein schöner Zug moderner Staaten,
den Latsch-Protest zu toleriern,
gehn da auch oft nur Automaten,
die hirnlos ihren Spruch skandiern.

Man streitet für die leisen Töne
bei anderen ganz unbeirrt –
und macht doch selber ein Gedröhne,
dass einem angst und bange wird.

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