Ein Seidenschimmer

Ein SeidenschimmerEin Seidenschimmer hält umfangen
die Dächer noch vom Himmel her,
und Rosa spiegelt auf den Wangen
der Scheiben sich im Ziegelmeer.

Und milchig zieht herauf wie Schwaden
vom unsichtbaren Horizont,
um alles Blau darin zu baden
verwaschnes Weiß als Wetterfront.

Doch wie ich dies noch so bedenke,
verdüstert sich umher die Welt
und Grau befällt die Wolkenbänke,
wie Schimmel altes Brot befällt.

Im Nu sind sie indes versunken,
und laugenlauer Einheitsbrei,
in den sich erste Lichter tunken,
zeigt blicklos mir sein Konterfei.

Auf einmal ist es Nacht geworden.
Geschloss’ner stehn der Verse Reihn.
Ein Lager da von Hunnenhorden?
Nein, nur der Sterne Feuerschein.

Und was mir in den Sonnenstunden
tagsüber nicht das Hirn beschwert,
wie lebhaft wird es nun empfunden,
da Dunkel seine Trübsal nährt!

Jetzt sehe ich die Zeit verblassen
im gleichen Takt mit dem Azur
und mit den Mauern Häusermassen
bis auf die allerletzte Spur.

Ein Fingerzeig für Letzte Dinge?
Memento mori, sei gewiss
des Todes, der auf schwarzer Schwinge
dich karrt in ew’ge Finsternis?

Ach, auch den Morgen wird umfangen,
der wieder aus der Nacht sich müht,
ein Seidenschimmer, dunstverhangen,
der rasch im frühen Rot verglüht!

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