Einschnitt

EinschnittOh, was unwandelbar ich glaubte,
verwachsen mit der Erde schier,
ein rüder Abrissbagger raubte
das Dogma seiner Dauer mir!

Zermürbt von pausenlosen Hieben,
wie dumpf sie in die Weite halln,
sah das Gemäuer ich zerstieben,
zu Splitter und zu Staub zerfalln.

Und wo ich sonst, sie zu begaffen,
erleuchtete Fassaden fand,
seh nun ich eine Lücke klaffen,
wie’n Waldstück, das vom Blitz verbrannt.

Zerschlagen die Gebäudezeile,
zum Torso ihre Front entstellt,
‘ne nackte Wand da jäh, ‘ne steile,
und dann nur noch ein Trümmerfeld.

Bis hin zur nächsten Straßenecke
nur Schutt aus Ziegeln und Zement.
Drei Häuser blieben auf der Strecke,
drei, die bald keiner wohl mehr kennt.

Na, sicher wird man neue bauen,
dass sich das Loch da wieder schließt,
die hübsch und größer anzuschauen,
was „billig“ in die Miete fließt.

Doch unter diesen Baggerbissen
fieln nicht nur Mauern vis-à-vis:
Jahrzehnte hat es mir zerrissen,
den Traum von ew’ger Poesie.

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