Ereignisfreier Abend

Ereignisfreier AbendEin Abend, wie er immer wieder
mir gleich ins Küchenfenster fällt:
Der Himmel schließt die müden Lider,
und schwarz vor Augen wird’s der Welt.

Als wär sie in ein Loch gezogen,
aus dem nur mühsam Licht entweicht:
als Rechteck (Scheibe!) oder Bogen,
den zitternd die Laterne streicht.

Die Bäume stehen, Schattenrisse,
versteinert wie von Zauberkraft,
vor einer grellen Glaskulisse,
dem Bühnenbild der Kaufmannschaft.

Denn vis-à-vis vertreibt Matratzen
des Wohlstands „unsichtbare Hand“,
was nicht mal Penner kann noch kratzen –
ins Leere lockt sie unverwandt.

(Das heißt doch wirklich Strom vergeuden,
wenn sich nicht Kauflust dran erhitzt –
des Nachts genießt Matratzenfreuden
mit der man, die man schon besitzt!)

Auch der Verkehr hat nachgelassen,
ach was, kein Reifen sich mehr rührt!
So ruhig ist’s, dass Untertassen
man gleichsam als Bedrohung spürt.

Ein Blick drum in des Kosmos Weiten:
heut ist der Himmel mal verhängt –
Gestirne nicht, die Licht verbreiten,
kein Mond, der’s von der Sonne fängt.

Sofern nicht wirklich fremde Wesen
wie Blitz und Donner aus dem All,
um die Leviten uns zu lesen,
noch machen ihren Überfall

Läuft alles in gewohnter Weise
geruhsam und erregungsarm,
vergleichbar ‘ner Seniorenreise
zu Ostern auf die Hühnerfarm.

Gottlob! Denn diese Langeweile
ist ja ein Glück auf eine Art,
das auch misstraut der Zeiten Eile
und freut sich stiller Gegenwart.

Man braucht sich ja nur umzugucken –
der Menschheit Liebstes: Hass und Streit.
Dann lieber in der Bude glucken
getreu dem Vers „Wenn hinten weit…“

Solang in blut’gem Zorn und Zanke
sie allerwärts sich massakriert,
für jeden Augenblick ich danke,
in dem so gut wie nichts passiert!

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