Flugwunder

FlugwunderFür einen Stern würd ich’s gern halten,
der stur nicht auf der Stelle klebt
und spottend der Naturgewalten
bedächtig über Dächer schwebt

Was nur ‘ne nüchterne Maschine,
die lautlos langsam niedersinkt
und mit bewährter Flugroutine
ihr Völkchen in den Hafen bringt!

Doch halt! Dem Stern will ich bestreiten,
dass er das größre Wunder ist.
Er war’s nur bis zu diesen Zeiten,
da fliegend man den Raum durchmisst

Anstatt dass man auf Schusters Rappen,
in Kutschen oder hoch zu Ross
gezwungen, durch die Welt zu tappen,
die einem so sich kaum erschloss.

Ein Gegenstand von solcher Schwere,
noch durch die Menschenlast vermehrt,
bewegt sich in der Lüfte Leere,
wie Helios seinen Wagen fährt!

Das will mir wie ein Wunder scheinen
wie Jungfraun, die vom Geist gebärn,
auch wenn die Besserwisser meinen,
es ließ mit Auftrieb sich erklärn.

Da ist dem Menschen was gelungen,
wozu sonst Götter nur imstand,
in Sphären ist er vorgedrungen,
die einst man unerreichbar fand

Und keinen Boden ihm mehr bieten,
an den sein Fuß sich klammern kann,
liest ihm der Himmel die Leviten
mit Turbulenzen dann und wann.

Gleichwohl, des Wunders prakt’sche Seite:
Man wirft die ird’schen Krücken fort
und, dass der Horizont sich weite,
besteigt man des Vehikels Bord

Durcheilend Länder, Kontinente
mit Siebenmeilenstiefel-Schwung,
weit rascher als der Storch, die Ente
auf ihrer großen Wanderung.

Und ist auch sonst ihm überlegen,
dem Stern, der da so glänzend thront:
Kein Leben kann sich auf ihm regen –
das Luftschiff aber ist bewohnt.

(Ja, dort im Schummer der Kabine,
ein dumpfes Brausen wohl im Ohr,
bereitet mit gespannter Miene
man auf die Landung sich jetzt vor.)

Ich sah, wie es vorbeigeflogen
und wie sein Herz im Takt geblinkt.
Längst hat die Nacht es aufgesogen.
Fast hätte ich ihm zugewinkt.

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