In falschen Händen

in-falschen-haendenEin Wunder bist du, Jesuskind,
noch heut in aller Munde,
da tausend Jahr vergangen sind
mit tausend Jahrn im Bunde.

Doch lag’s nicht an der Botschaft bloß,
dass du dich so gehalten.
Die Pfaffen machten dich so groß
mit List und Haarespalten.

Sie haben einen Dom erbaut
auf deinem Striemenrücken,
der trotzig in den Himmel schaut,
statt barmend sich zu bücken.

Dein Wort, aus dem der Atem weht
von sanften Harfenklängen,
sie haben es zum Strick gedreht,
um Hälse dranzuhängen.

Du trugst auf deinem Haupt die Kron
aus Dornen als Geschmeide.
Der Pfaffe wandelt dir zum Hohn
in Sammet und in Seide.

Du nahmst dem Zürnenden sein Schwert,
die Schergen gar zu schonen.
Die falschen Hirten deiner Herd,
sie segnen auch Kanonen.

Sie fordern kalt und gnadenlos,
Gebete einzuhalten,
und ahnden grausam den Verstoß –
bei Armen und bei Alten.

Die schröpfen sie bis auf das Hemd
(„Der Herr liebt frohe Geber“),
indes den Wanst sie vollgeschlemmt
mit Braten, Wurst und Treber.

Du haustest heimlos da und dort
wie Vögel in den Ästen,
doch sie, ergaunert und erschnorrt,
hofieren in Palästen.

Sie sind das krasse Gegenteil
von dem, was du verkündet:
auf Prassen, Macht und Mammon geil,
besiegelt und bepfründet.

In deinem Namen tritt das Pack
Barmherzigkeit mit Füßen,
auf dass in Asche und in Sack
die Unschuld selbst muss büßen.

Dein Herz, wie ein Juwel so rar,
weil’s fähig mitzuleiden,
empfehlen sie der Schäfchenschar,
nur um sie auszuweiden.

Der Hoffart Sünde und der Wut,
der Habgier und der Lüge
gehört so fest zum Kirchengut
wie goldne Glockenzüge.

Die größte Falschheit aber ist,
dass sie auf Worte pochen,
die du – sei’s Heiland, Retter, Christ –
wohl nimmer ausgesprochen.

Dein Reich, es war von dieser Welt,
du wolltest es hienieden,
ein Gärtchen, irdisch, wohlbestellt
mit Frohsinn und mit Frieden.

Wir haben’s selber in der Hand,
dies Paradies zu schaffen –
mit Mühe freilich, unverwandt –
doch besser ohne Pfaffen.