Kleines Bestiarium

Kleines BestiariumEin Käfer, der die Sonne liebt,
gerad ‘ne ruh’ge Kugel schiebt
und rücklings auf ‘nem Kresseblatt
am Bauch ein schönes Kribbeln hat.

Dem naht sich aus dem Gräserwald
ein Frosch, der eher nass und kalt
und auch nicht sehr darauf erpicht,
dass ihn besagte Sonne sticht.

Und der, das sei damit gesagt,
auch niemals lange danach fragt,
was denn da so ein Käfer treibt,
bevor er ihn sich einverleibt.

So kam es, wie es kommen muss,
der Sumsemann, der Luftikus,
gar dämlich aus der Wäsche guckt,
als ihn der Pitschepatsch verschluckt.

Wes Aug sich jetzt in Tränen löst,
sei mit dem nächsten Vers getröst’t:
Der edle Rächer sich schon naht,
der diesem Schuft vergilt die Tat.

Ein ausgewachsner Storchenmann
stakt just auf dem Gestelz heran,
als der vertilgte das Insekt
genüsslich sich die Lippen leckt.

Und da er selbst auf Beute aus,
verschmäht er nicht den jähen Schmaus
und schnappt sich flink und gar nicht faul
den Braten mit dem Klappermaul.

Was Wunder, dass das Krötentier,
das eben noch auf Wolke vier,
den letzten Seufzer ausgequakt
und so sein Leben abgehakt.

Indes der Meister Adebar
ganz glücklich mit dem Dasein war,
das er dem Quaker doch bestritt,
und selbstzufrieden weiterschritt.

O dieser Sünder, den nichts reut,
auch er hat sich zu früh gefreut!
Denn wie er so am Boden geht,
des sichren Fluges er enträt!

Und einer, dem der Magen knurrt,
des Vorteils auch gleich inne wurd
und lautlos durch die Schneise schnürt,
die ihn direkt zur Mahlzeit führt.

Der Fuchs – der in die Luft sich schwang
und jenem an die Gurgel drang,
in die er blutig sich verbiss,
bis dem der Lebensfaden riss.

An diesem kleinen Beispiel schon
zeigt sich des Friedens Illusion:
Die Wiese, schönes Blütenreich,
kommt eher einem Schlachtfeld gleich.

Es müht sich dort im Lebenskampf
ein jeder, dass er’n andern mampf,
wobei stets der, der größer ist,
mit Haut und Haar den Klein’ren frisst.

Was allerdings man doch erspart
dem Schwächeren der eignen Art.
Zwar gibt es auch mit dem Verdruss,
doch selten bis zum Exitus.

Der Mensch indes als Karnivor
nimmt sich auch seinesgleichen vor,
das heißt er zieht ihn sich nicht rein,
doch schlägt ihm gern den Schädel ein.

Das macht den Unterschied zum Tier!
Und dünkt sich doch der Erde Zier
und nennt sich Gottes Ebenbild –
ein Wesen, das aufs Töten wild!

Da lief in der Natur was schief,
dass den sie grad zum Herrn berief!
Wir hätten’s Paradies hier glatt,
wär es die Kuh an seiner Statt!

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