Der Ingenieur von Gottes Gnaden:
Nichts wen’ger als ein Geistesgnom!
Er hat studiert, er kennt den Laden.
Geprüft, besiegelt per Diplom.
Das lässt er gern auch alle wissen,
Bescheidenheit ist nicht sein Ding.
Auf keinem Schriftstück möcht er missen
das stolze Kürzel Dipl.-Ing.
Nun ja, so kleine Eitelkeiten,
die liegen allen uns im Blut.
Doch hat er auch noch schlimmre Seiten –
zum Beispiel die Erklärungswut.
Um sich als Kenner auszuweisen,
verhackstückt er von A bis Z
zu Teilchen, die um Teilchen kreisen,
Probleme, die man sonst nicht hätt.
Und da er sich gefällt im Schwatzen,
hält er auch sonst nur selten still.
Vom Dache pfeifen es die Spatzen,
dass keiner ihn mehr hören will.
Die Crux indes, beim Archimedes!,
er glaubt sich wissend rundherum,
mischt sich in jedes Thema, jedes!
O litterae, o saeculum!
Da kann es häufiger passieren,
dass man an „sus Minervam“ denkt –
so, wenn er, um zu imponieren,
Historiker auf „Issos“ lenkt.
Oder wenn er als kunstbegeistert
dem Vis-à-vis sich präsentiert
und Verse, die dahingekleistert
von Meister Knittel, deklamiert.
Sein Ansehn weiter noch zu heben,
streut gern er mal ein Fremdwort ein:
tough, roundabout – na, Englisch eben
wie auch sein Techniker-Latein.
Aus seines Geistes dürft’ger Quelle
saugt er die kleinsten Tröpfchen auf
und stellt bei schönster Sonnenhelle
sie als Juwelen zum Verkauf.
Ihm ist, als ob er alles wüsste.
Die ganze Welt sein Fachgebiet.
So kreuzt er kühn vor jeder Küste,
weil er die Klippen gar nicht sieht.
Mit diesem Dünkel mag befahren
er hoch zu Ross die Lebensfrist.
Indes wird der ihm nicht ersparen
die Grube, die man gleich bemisst.
Dann aber wird sein Herz gewogen.
Und dumpfe Ahnung ihn beschleicht.
Die Waage ward noch nie betrogen:
Die ist hier höllisch gut geeicht!