Mit offnen Augen

Mit offnen AugenMan sieht nicht viel, doch viel indessen,
was wunderlich ins Auge sticht.
Am Ufer abends, weltvergessen,
Spaziergang im Laternenlicht.

Am Himmel glänzt der goldne Bogen
des Mondes aus der Dunkelheit,
den straff ihm um den Bauch gezogen
die Sonne nur zwei Finger breit.

Die Sichel so in Rückenlage,
wie’s mancher alte Meister zeigt,
dass wie ein Schiff sie gleichsam trage
die Jungfrau, die zum Himmel steigt.

Gigantisch drunter das Gebilde
der Wolke, die ‘nem Ufo gleicht
und faustkeilförmig ins Gefilde
der offnen See hinüberreicht.

Die ungezählten Wellen wiegen
wie Jachten sich an finstren Kais.
Nur wo die Muschelpontons liegen,
noch Lichter blinken wechselweis.

Der Wind hat aufgehört zu heulen.
Die Palmen stehen steif und stumm.
Kein Laut, die Stille zu verbeulen,
die tiefer als Silentium.

Natur. Und jederzeit zu sichten
für alle Seelen mit Gespür.
Was gibt’s denn da noch groß zu dichten?
Die Wunder liegen vor der Tür.

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