Ein Montag. Und in Sonntagsreden
gedenkt man der Vereinigung.
Geschichte, greifbar noch für jeden,
da erst gut zwanzig Jahre jung.
Politiker quer durch die Beete
verkünden unisono heut,
wie glücklich man zusammennähte
den schlimmen Riss durch Land und Leut.
Und dass man aus den Kerkermauern,
in denen es gefesselt lag,
das Volk der Arbeiter und Bauern
erlöst mit ‘nem Befreiungsschlag.
Und wie sich dann das Blatt gewendet,
warn erst die bösen Schergen fort,
Gewalt und Willkür jäh geendet
und alles Unrecht über Bord.
Und wie den Menschen man zum Segen
erneuert ihre Wirtschaftskraft,
indem des freien Marktes wegen
man ihr Gewurschtel abgeschafft.
Ja, wie die Brüder und die Schwestern,
wie salbungsvoll sie einst genannt,
entkamen ihrem trüben Gestern,
vereint in einem Vaterland.
Soweit der Sack der guten Gaben,
den unser „Bund“ dort ausgeleert,
dass an den Freuden teil sie haben,
die nur das Kapital gewährt.
Nur selbst sich auf die Schulter klopfen
und loben übern grünen Klee!
Man möchte sich die Ohrn verstopfen,
so sehr tut dies Gehudel weh.
Gewiss hat man von mancher Bürde
den deutschen Menschen (Ost) befreit,
doch achte man auch seine Würde,
dass man’s nicht pausenlos beschreit!
Ist nicht zuletzt ihm selbst zu danken,
dass er mit Murren und mit Mut
das Staatsgebäude bracht ins Wanken
und stürzte seine Herrscherbrut?
Und wäre es nicht auch gelogen,
wenn alles, was er aufgebaut,
man rundheraus in Bausch und Bogen
verächtlich in die Pfanne haut?
Ja, kritisch müsste man sich fragen:
Was er sich da erhandelt hat,
hat’s ihm nur Gutes eingetragen –
hat er’s womöglich gar schon satt?
Kein Stoff indes für Sonntagsreden.
Da predigt stets ein Populist.
Der streut Kamellen aus für jeden.
Auch wenn tatsächlich Montag ist.