Offen gesagt

Offen gesagtWie soll den Burschen ich beschreiben?
Er birgt im Busen sein Profil.
Auf seiner Seele Wasser treiben
kaum Wirbel öffentlich ihr Spiel.

Immer nur freundlich, immer lächeln,
Kritik und Groll beiseitestelln,
Gefühle zeigen hieße schwächeln,
‘ne Meinung, hieße wen verprelln.

Man möcht ihn am Schlafittchen packen
und schütteln, bis zu Boden fällt
aus seiner Krone jener Zacken,
den krampfhaft er umklammert hält.

Und so ihn einmal dazu bringen,
dass endlich Farbe er bekennt,
was denn in den und jenen Dingen
ihm wirklich untern Nägeln brennt.

Dann lieber schon ‘nen richtig Bösen,
da weiß man doch, woran man ist,
als so ‘nen schwächlich Skrupulösen,
der unaufhörlich Kreide frisst.

Was so einer im Beichtstuhl täte?
Das Lässliche, das gäb er zu,
doch Gott behüt dass er verräte,
wo heft’ger drückt der Sündenschuh.

Na ja, ich will nicht weiter hetzen,
bin ich denn selbst so frank und frei?
Wenn’s gilt, wen lyrisch zu verpetzen –
und halt mich schön bedeckt dabei!

 

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