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Fleischeslust

Mal unter uns, ihr lieben Kühe:
Ich habe euch zum Fressen gern,
doch meiner mahlnden Zähne Mühe
steht unter keinem guten Stern.

Denn oben unterm Schädeldache
ich durchaus um die Folgen weiß
und doch mein Lätzchen schmutzig mache
mit Keule zum Discounterpreis.

Denn mir ist keineswegs entgangen,
dass euch zuhauf ein Gas entfährt,
das außer unsren ros’gen Wangen
auch noch die Erderwärmung nährt.

Bedeutet frei nach Adam Riese,
dass umso mehr davon entweicht,
je mehr auf Weide und auf Wiese
Gehörntes um die Halme streicht.

Indessen dies zu reduzieren,
wär aufgerufen der Geschmack:
Verzicht auf Leber und auf Nieren,
Roulade oder Rinderhack.

Die Umwelt würde es entlasten
und wär gesund noch obendrein,
und schließlich müsst ich auch nicht fasten
bei so viel andren Leckerein.

‘ne Menge lobenswerter Leute
macht sich seit langem dies bewusst
und will nicht, dass man schlacht und häute
ein Tier aus purer Gaumenlust.

So steh ich rational im Regen –
mein Kleinhirn aber lässt das kalt:
Schon seit den ersten Funkenschlägen
macht’s ja vor keinem Braten halt.

Und ich bin noch nicht ausgebrochen
aus diesem Überliefrungsstrang
und kau und knabber an den Knochen
der armen Viecher noch entlang.

Bin grad so stark, es zuzugeben,
doch es zu ändern, nicht genug;
Gewohnheit prägt ja unser Leben,
die auch im Gaumen Wurzeln schlug.

Der Geist ist willig, sagt die Bibel,
doch unser Fleisch, sagt sie, ist schwach –
das lag in der Ernährungsfibel
stets friedlich unter einem Dach.

Die Kuh ist damit nicht vom Eise,
nicht abgesetzt vom Speiseplan.
Doch weiter werden schon die Kreise,
die weg mich führn vom Rinderwahn.

Paketdienst, interaktiv

Sie scheun sich nicht, mir hochzuschleppen
ein zentnerschweres Möbelstück
drei stufenreiche Altbautreppen,
dass es den Korridor mir schmück.

Nahm jeder sich ‘nen Stapel Bretter
als Einzelteile von dem Trumm,
damit er langsam höherkletter
wie’n Kräuterweiblein schief und krumm.

Doch ließ nicht einen Seufzer hören
den dornenvollen Pfad entlang,
nicht das geringste Stocken stören
den Fuß in seinem Vorwärtsdrang.

Ein andrer will ein Päckchen bringen,
nicht schwerer als ein Zeichenblock,
den höre ich nach Atem ringen
verzweifelt schon im ersten Stock.

Doch schafft er auch die letzte Hürde
und macht mir nicht vorm Ziele schlapp,
entledigt sich der braunen Bürde –
quittieren, tschüs und schon treppab!

Das nenn ich, seine Pflicht erfüllen,
auch wenn sie einem sauer wird,
und sich in Gleichmut einzuhüllen
wie’n Ochse, der ins Joch geschirrt.

Doch gibt es da auch Zeitgenossen,
die nehmen es nicht so genau,
ersparen sich die läst’gen Sprossen
mit einem Trick, der ziemlich schlau.

„Empfänger war nicht zu erreichen –
ob ich’s auch hier abgeben kann?“
Und dienstbereit lässt sich erweichen
die Apotheke nebenan.

So hat der ausgebuffte Bruder
sich rasch von einem Gang befreit,
und ich kauf Pillen oder Puder
beim Abholn noch aus Höflichkeit.

Doch Arbeitsscheu muss hier nicht herrschen.
Der Bote jobbt gewiss mit Fleiß.
Die Crux liegt bei den Schreibtisch-Ärschen,
die machen ihm die Hölle heiß.

Befrachten ihm mit so viel Packen
tagtäglich seinen Lieferbus,
dass abends er trotz allem Placken
‘nen Rest auf morgen schieben muss.

Da braucht es Gauß nicht oder Riese,
dass man die Folgen übersieht –
‘ne ständig stärkre Absatzkrise
in seinem ganzen Fuhrgebiet.

Der Dumme, claro, ist der Kunde,
der extra in der Bude bleibt,
da an dem Tag und zu der Stunde
die Sendung kommt, wie man ihm schreibt.

Warum wir online wohl bestellen?
Wird alles an die Tür gebracht!
Es sei denn, dass in solchen Fällen
die Rechnung ohne Post gemacht.