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Kollege Perfekt

Würd er mit Leistung überzeugen,
man nähm es ihm gewiss nicht krumm
und ließ ihn weiter sich verbeugen
vorm eigenen Ingenium.

So lagen reihenweise Fächer
in manchem Hörsaal und Kolleg,
versteht sich: stärker oder schwächer
auf seinem breiten Studienweg.

Den Rechten galt sein Hauptint’resse,
auf ihren Fersen Medizin,
und, „last not least“, der Tagespresse,
in deren Dunstkreis er nun dien.

Empfehlungen der besten Sorte,
wenn die Erwartung sie erfülln
und nach dem hochgestochnen Worte
das Siegel ihrer Tat enthülln.

Doch bei dem Worte ist’s geblieben,
das ihm schon immer locker saß –
was auch gedacht er und geschrieben,
es krebste unterm Mittelmaß.

Und umso krasser klingt den Ohren
sein selbstgefäll’ges Eigenlob,
er sei für seinen Job geboren
wie für die Fabel ein Äsop.

Da lässt er sich nicht irremachen
an seiner heilen Schnuller-Welt,
dass selbst, wenn andre ihn verlachen,
er’s seinem Lalln zugutehält.

Selbst wenn ‘ne Klatsche er erlitten,
bekam er nie ‘nen größren Schock,
hat stets die eigne Schuld bestritten
und schob sie auf ‘nen Sündenbock.

Bescheiden nur in einem Punkte
und da auch eitel nur gestellt,
wenn er erzählt, wie oft es funkte
für ihn schon in der Damenwelt.

Beneidenswert, dies Selbstvertrauen
auf dem Gewölk der Eitelkeit –
die Zeit verlangt heut solche Schlauen
im Nadelstreifen-Narrenkleid.

Und sie belohnt die Schwadroneure
mit bunten Perlen, aufgeschnürt,
wie einst die Sklaven-Spediteure
sie in die Südsee mitgeführt.

Seht im Pullover ihn posieren
von Wolle, die unendlich fein,
die kann kein Schaf hier produzieren,
muss von der Kaschmir-Ziege sein!

Und auch die Uhr, die ihm gediegen
und glänzend aus dem Ärmel sticht,
ist nicht im Supermarkt zu kriegen
und auch für wenig Kröten nicht.

Wie Orden oder Wehrgehänge
sich einst der Dünkel vorgeschnallt,
zeigt so der mittelmäß’gen Menge
er sein horrendes Dienstgehalt.

Ach, zwecklos ist es zu verweilen
bei einem in dem Gnadenstand,
der, so viel Lose ihn ereilen,
doch niemals eine Niete fand.

Warum mich also weiter plagen
mit meiner eitlen Reimerei?
Ich hör ihn ohnehin schon sagen,
wie gut dies Lob gelungen sei.

Kommando

Kommando„Und jetzt: Das Ganze stillgestanden!
Und rührt euch!“ (Mal auch: Schnarchverein!).
So macht er nach und nach zuschanden
die Bänder, die ihm Stimme leihn.

Doch sollt den Burschen ich benennen,
der sich den Unterhalt erbrüllt,
und mag ich noch so sehr drauf brennen,
mein Brägen sich in Schweigen hüllt.

Ich kenn ihn nur vom Hörensagen.
Ich war nicht Schütze Arsch beim „Bund“.
Hier steht’s (ich habe nachgeschlagen):
Spieß, Schleifer oder Säuselmund.

Die frischen nimmt er, die Rekruten
ins martialische Gebet
und lässt sie in der Mangel bluten,
die er mit wilder Wollust dreht.

So als Sadist und Leuteschinder
prädestiniert für die Armee,
so wär er auch, mit Frack und Binder,
ein Wirtschaftsboss von Kopf bis Zeh.

Wo liegt der Unterschied beim Drillen?
Sei es das Heer, die Industrie –
a) geht’s drum, Konkurrenz zu killen,
b) um die Menschmaschinerie.

Denn nur wenn man zum Aufbegehren
den Willen erst einmal zerstört,
die Lämmer Macht und Reichtum mehren
der wen’gen, denen viel gehört.

Doch will ich nicht vom Thema weichen.
Mir ist’s um den Profos zu tun,
in dessen Kehle ohnegleichen
vulkanisch die Befehle ruhn.

Die kann er aus der Hüfte schießen
fast ohne Ansatz, piff und paff,
dass deshalb längst schon nicht mehr sprießen
die Gräser im Kasernenkaff.

Kann jemand größ’rer Machtentfaltung
sich rühmen auf der weiten Welt?
Von andern fordern Form und Haltung,
dieweil man selbst wie’n Köter bellt?

Was für ein Nichts, das aufgepustet
(dem Ochsenfrosch gleich bei Äsop)
den Rest Verstand schon weggehustet
aus seinem Weichhirnbiotop!

Und doch, man schämt sich, es zu sagen,
Symbol für unsre Wirklichkeit:
Des Daseins größtes Wohlbehagen
blüht dem, der alles überschreit!

Nicht Wissenschaft und Nächstenliebe,
die so viel Gutes tun auf Erd’,
nein, dieses lärmende Getriebe
von Show, Pop, Sport ist Goldes wert.

Doch eben nur für kurze Dauer.
Das Leben hält nicht ewig vor.
Und selbst so’n Prolo, selbst so’n Bauer
zirpt irgendwann im Käferchor.

Das wird dem Schreihals gar nicht munden –
‘ne Friedhofsecke, still und stumm;
und die er grade noch geschunden,
die trampeln nun auf ihm herum!