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Die Höhle von Ardales

„He, schmeiß mir mal die Knolle rüber!
Doch auf den Fuß mir nicht, du Bock!
Dafür nimm diesen Nasenstüber.
Und nun den roten Zeichenstock!“

Wie überall stellt der Geselle
sich reichlich unbeholfen an,
was grade hier in der Kapelle
der Meister gar nicht leiden kann.

Denn pünktlich gilt es auszumalen
die vorbestimmte Weihestatt,
wie die Orakel sie empfahlen
und sie ein Traum bestätigt hat.

Vor Kurzem hat er aufgeschlagen
in diesem Saal sein Atelier
und Farben, Erden reingetragen
wie Brennholz vor dem ersten Schnee.

Und an den buckeligen Wänden
auch hier und da schon ausprobiert,
wo sich die besten Stellen fänden,
dass nichts versplittert und verschmiert.

Ein Klecks, ein Strich und andre Zeichen,
für manchen schon geheimnisvoll,
und warn doch nur ein Probestreichen,
dem das Gemälde folgen soll.

Inzwischen ist der Fels gefunden,
der alles hat, was man so braucht,
dass man in langen Arbeitsstunden
ihm Atem in die Rippen haucht.

Was gar nicht einfach untertage
in diesem weitverzweigten Schacht,
der mit ‘ner kühlen Wetterlage
und Feuchtigkeit zu schaffen macht.

Dann galt es auch zu überwinden
die Angst vor diesem Höllentor.
Wo aber sonst den Ursprung finden,
aus dem Lebend’ges sprießt hervor?

Und mochte auch die Fackel brennen,
von Fledermäusen schrill umschwirrt,
wie bei dem Flackern bloß erkennen,
wohin der Finger sich verirrt?

Doch ganz im Einklang mit dem Plane
hat zeitig man das Werk geschafft.
Der Häuptling und der Chef-Schamane
haben als Erste es begafft.

„Getroffen bis aufs Haar die Pferde,
die Ziege auch mit ihrem Bart,
die Weiber, Körper und Gebärde –
das nennt man Kunst der Gegenwart!“

Dem Meister fiel ein Stein vom Herzen –
die Obrigkeit war nicht pikiert,
befahl nicht, wieder auszumerzen,
was selbstbewusst er handsigniert.

Mit einer Feier, unvergessen,
beging die Kirchweih man darauf.
Der Seher las zwei Seelenmessen
und ließ der Gaudi ihren Lauf.

Nun hatte man zum ersten Male,
dass aller Brust sich ewig schwellt,
‘ne einzigart‘ge Kathedrale
zum Plaudern mit der Geisterwelt!

Der brave Steinzeit-Steuerzahler,
er hat wohl gern dafür geblecht –
als gläubiger Neandertaler
verhielt er so sich waidgerecht.