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Geisterstunde

Geisterstunde‘s ist Mitternacht, und keine Geister
ringsum zu sehen und zu hörn;
und ich, zum Glück, bin auch kein Meister,
sie tollkühn selber zu beschwörn.

Gespenstisch immerhin die Stille,
in die die Kammer eingetaucht,
als ob da ein geheimer Wille
zu dunklen Plänen sie noch braucht.

Den Flur auch fühle ich im Nacken
wie einen Panther, sprungbereit,
mich jäh mit einem Satz zu packen –
o Rachen dieser Dunkelheit!

Von Nachbarschaft kein Lebenszeichen.
Kein Lachen, kein erstickter Laut,
nicht einmal Schlurfen oder Schleichen –
Geräusche völlig abgebaut.

Sollt man nicht wenigstens erwarten,
wie’s doch nach zwölf zu gehen pflegt,
dass aus der Träume wildem Garten
die Nachtigall des Schnarchens schlägt?

Ja, selbst die Piste der Boliden,
die Durchgangsstraße vis-à-vis,
sie schloss wohl einen Königsfrieden
heut mit der Autoindustrie.

Nur hier mein Schauplatz der Gesänge
zeigt nach wie vor des Lebens Spur –
des Küchenkosmos Sphärenklänge:
Gebrumm der Heizung, Tick der Uhr.

Imponierend

ImponierendWie klein doch, was man aus der Ferne
mit großen Augen selbst beschaut:
Nur Sommersprossen diese Sterne,
vor deren Nähe es mir graut!

Ihr seht, die Nacht ist fortgeschritten,
die Dunkelheit hat zugelegt,
und Morpheus sattelt seinen Schlitten,
auf dem er Säcke Sandes trägt.

Ich sitz noch wach in diesem Winkel,
den ich seit Jahren okkupier –
wo ich des Tags mit Kohl und Pinkel
und nachts mit Versen rumhantier.

Mein Musensüppchen heut zu kochen,
fällt allerdings mir ziemlich schwer,
denn dauernd werd ich unterbrochen
abscheulich von der Straße her.

So’n Psychpath mit ‘nem Boliden
jagt diesen ständig um den Block –
mit Vollgas durch den Abendfrieden,
auf dass er brave Bürger schock.

Da kommt er wieder um die Ecke,
rast bis zur Ampel, hält nicht groß,
nur kurz macht diese ihn zur Schnecke,
kaum gelb, schon rast er wieder los!

Was sind ihm Sterne, was Gedichte?
Dumm Tüch; wenn nur der Motor röhrt!
So donnert er durch die Geschichte:
kein Zweck, kein Ziel – doch weit gehört.