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Gesülze

GesülzeVom Lufthauch hin- und hergetrieben,
das Flämmchen auf dem Docht sich regt.
Sein Schicksal ist in Wachs geschrieben –
ich hoff, nicht auch, was mich bewegt!

Heut etwa ‘ne Delikatesse
(so pries sie jedenfalls sich an),
die in der Näh von Brie und Bresse
im Supermarkt man finden kann.

‘ne Sülze, die in einem Glase
recht appetitlich sich gemacht;
ich aber fiel fast auf die Nase,
als glücklich ich sie heimgebracht.

Längst war das Datum abgelaufen,
das ihrer Haltbarkeit gesetzt;
ich Trottel hätt sie müssen kaufen
vor einem Jahr und nicht erst jetzt!

Zur Ehrenrettung muss ich sagen:
So winzig war der Tag notiert,
so dunkel da aufs Blech geschlagen,
da hätt ein Luchs kapituliert.

Kann des Verdachts mich nicht erwehren,
dass der verehrte Produzent,
um seinen Absatz zu vermehren,
auch manchmal trickst im Sortiment.

Ich also, Sülze unterm Arme,
zum Shop zurück und reklamiern.
„Dann gern ‘ne andre aus dem Schwarme“,
kulant Ersatz sie offeriern.

Und freud’gen Schrittes zum Regale,
wo jene Traube er gepflückt,
strebt Kunde jetzt zum zweiten Male,
zum zweiten Mal zum Glas gebückt.

Doch durch Erfahrung nunmehr schlauer,
sucht er am Deckelsaum gezielt,
was dieser Bries- und Brägenbauer
von dessen Daseinsdauer hielt.

Ach, dieser Fliegendreck von Lettern,
mit dem der Rand gesprenkelt war,
wie musste er ihn niederschmettern,
erkannt er Monat erst und Jahr!

Das Sorgenkind, das er erworben,
Geschwister hatte hier zuhauf,
und alle waren sie verdorben,
so stand’s in ihrem Lebenslauf.

Was soll aus diesem Fakt man schließen,
dass hier nur Ladenhüter sind?
Dass Menschen Sülze nicht genießen –
oder wie ich genauso blind?

So oder so kein gutes Zeichen.
Drum, Bürger, kritisch stets geguckt:
Besehen, prüfen und vergleichen,
vor allem, wenn was klein gedruckt!

P. S.

Das gilt gewiss in diesen Landen
nicht minder für die Politik.
Auch hier Hautgout von Schmu vorhanden –
faule Versprechen in Aspik.

Kleine Frühstückslehre

Kleine FrühstückslehreZum Frühstück, das am Wochenende
gemütlich man sich einverleibt,
gehören in Genießerhände,
dass man erwartungsvoll sie reibt

Nur solche Art von Leckerbissen,
die man sich anderntags versagt,
damit die Hauerchen gleich wissen:
Heut wird Besonderes benagt.

Zum Beispiel Brötchen. Vollkornschnitten
sind nämlich sonst mein täglich Brot.
Hab diese fünfmal ich gelitten,
brauch Weizenmehl ich ohne Schrot.

Genauso Wurst. Sind die Oblaten
von Blut, Mett, Leber erst verzehrt,
dann jieper ich nach Schweinebraten,
der zünftig mit Gelee mich nährt.

Nicht anders mit den Käsesorten.
Nach Chaumes, Camembert und Brie
winkt mit dem Ende mir der Torten
aus Wilster was und Normandie.

Doch jetzt das Höchste, was der Kehle
an Festtagsfreude kann passiern,
dass man auf keinen Fall verfehle
es auf der Tafel zu postiern.

Das ist, in welcher Variante,
ob weiß, ob braun, ganz einerlei,
das ohne Knick und ohne Kante
perfekt ovale Frühstücksei.

Und dies nicht etwa hart gesotten,
dass fest das Gelbe, kugelrund,
und deiner Gaumenlust zu spotten
wie’n Golfball grasig liegt im Mund.

Nein, wenn ich mit der Löffelspitze
behutsam in den Dotter tauch,
dass er nicht übern Becher spritze –
dann ist er weich, wie ich ihn brauch.

Jetzt wirst du, Leserin, schon ahnen,
dass mich ein Unglück heimgesucht
und mich auf meinen Schlemmerbahnen
ein böser Sternekoch verflucht.

Die volle Wahrheit zu gestehen:
Zum ersten Mal seit Jahr und Tag
war auf dem Tisch kein Ei zu sehen –
was, lach jetzt nicht!, an Ostern lag!

Es war partout keins mehr zu kriegen,
wiewohl ich überall geguckt,
ob sie vielleicht versteckt nicht liegen
bei sonst was für ‘nem Landprodukt.

Schlicht ausverkauft! Die Lagerstätten
der Supermärkte eierfrei.
Auf meinen Frühstücksservietten
nur ihr gemaltes Konterfei!