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Millimeterarbeit

MillimeterarbeitZwei Stufen musst du nur erklimmen,
dann stehst du oben, goldbehängt;
doch bis dahin heißt’s trimmen, trimmen –
den Sieg, den kriegst du nicht geschenkt.

Denn nur da auf dem höchsten Treppchen
zollt man dir Ehre und Respekt –
auch mit Champagner, Schlemmerhäppchen
und Fotos für TV Direkt.

Wie einsam bist du schon als Zweiter,
auch wenn nur Zentimeter fehln
zur Spitzensprosse dieser Leiter –
doch diese wenigen, die zähln!

Extreme wolln die Menschen sehen,
verwöhnt von andrer Leute Schweiß.
Auf Risiken, die sie nicht gehen,
auf die sind sie besonders heiß.

Und grade die, die vegetieren
ereignislos in ihrem Kaff,
allein Rekorde akzeptieren
und Leistung, über die man baff.

Und so durchzieht in allen Dingen
die Konkurrenz des Lebens Frist,
so dass man meint, es müsst misslingen,
wenn man nicht stets der Erste ist.

Da seht das alte Steinzeiterbe,
wie’s heute nistet noch im Hirn –
als Mythos, ach, vom Wettbewerbe
beherrscht es selbst die Denkerstirn!

Was ist denn dran an diesen Possen?
Man schuftet sich die Hucke krumm,
und eh man ‘s Leben noch genossen,
dann ist’s, ade!, schon wieder rum.

Und tröstet’s, wenn ich Wunden lecke,
die nie und nimmer mehr verheiln,
bracht auch den Gegner ich zur Strecke,
so dass wir einen Tod uns teiln?

Und überhaupt: Ein Loblied singen
auf den, „der nach den Sternen fasst“?
Pah, jeder Frosch kann höher springen,
und jeder Käfer trägt mehr Last!

Ausnahmeerscheinung II

AusnahmeerscheinungSo’n Graf ist wirklich zu bewundern –
was der für Präferenzen hat!
So nährt sich unsereins von Flundern,
indes er sich von Hummer satt.

Ganz anders auch sein Trinkverhalten
als das der Menge, stammbaumfrei –
er schlürft Champagner, frischen, kalten,
und jene lauen Hopfenbrei.

Und was dabei auch für Manieren!
Die Eleganz in Reinkultur!
Der musste Knigge nicht studieren,
der lebt ihn live rund um die Uhr.

Und dann die Plünnen auf dem Leibe,
nur feinstes Tuch, ihm angepasst,
nichts von der Stange, dass es bleibe,
bis es die Plautze nicht mehr fasst.

Verrät nicht auch den reinsten Adel
der Klunkerzierrat da und hier –
die goldene Krawattennadel,
Manschettenknöpfe aus Saphir?

Dazu als ambulantes Möbel
der Stock mit Knauf von Elfenbein!
So’n Wanderstab fiel uns als Pöbel
nicht mal fürn Garten Eden ein.

In jeder Hinsicht zu beneiden,
teilt wenig mit dem Volk er nur –
nur dieses Altern, Sterben, Leiden,
nur dies Vulgäre der Natur!

Hochgefühle

HochgefühleMuss täglich man Triumphe feiern,
Champagner köpfen reihenweis,
um aus den Rippen sich zu reihern
der ungehemmten Freude Preis?

Muss man in malerischen Schluchten
frühmorgens, wenn die Hähne krähn,
die Linse vor die Klüsen wuchten,
die Sonne beim Lever zu sehn?

Muss eine Kiste man besitzen
von allerhöchster Pferdekraft,
um rascher damit rumzuflitzen
als Kalli aus der Nachbarschaft?

Und was ist mit dem Luxusliner,
der Frühlingskreuzfahrt im April?
Geht’s denn nicht auch ‘ne Nummer kleiner,
wenn man nur mal nach Dubai will?

Ein Logenplatz im Opernhause
mit Welttenörn auf Du und Du –
da kommt wohl zu dem Ohrenschmause
auch noch die Eitelkeit hinzu?

Den meisten zeigt das Glück zu leben
sich nur als trügerischer Glanz,
als Gauklerarme, die sie heben
Minuten aus dem Totentanz.

Warum nach blauen Wundern jagen –
die größten geben eh’r sich schlicht.
Hört ihr die Nachtigall nicht schlagen?
Die Schöpfung selber, die da spricht!

Ziemlich überflüssig

Ziemlich überflüssig2† V.I.P.

Hier ruht der reiche Soundso,
was hatte der für Kohle, oh!
Er kaufte sich ‘ne Welt dafür,
auch diesen schönen Grabstein hier.

Muss man den Reichen nicht beneiden,
der immer aus dem Vollen schöpft?
Der nie an nichts muss Mangel leiden,
auch nicht an denen, die er schröpft?

Ums täglich Brot plagt ihn kein Kummer,
zumal als Brot es bei ihm rar:
Zum Frühstück nimmt er gerne Hummer,
zur Nacht goutiert er Kaviar.

Und wenn er bei den hohen Preisen
sich sogar Wasser leisten könnt,
zu seinen Leib- und Magenspeisen
er sich Champagner lieber gönnt.

Ein Häuschen ist nicht seine Sache,
wenn’s klein nur und in Reihe steht –
Palast für Arme und für Schwache,
ihm höchstens Schuppen fürs Gerät.

‘ne Villa, die im Grünen nistet
mit Portikus und Giebelzier,
im Mietenspiegel aufgelistet
als beste Lage im Quartier

Da streckt er abends seine Sohlen
entspannt zum Birkenfeuer hin.
Das Mädchen geht den Whisky holen.
Er überschlägt den Kursgewinn.

Soll er da grad am Wagen sparen?
‘ne Staatskarosse sein Gefährt!
Denn schließlich muss Niveau er wahren.
Und Luxus macht das Leben wert.

So auch auf jede andre Weise
nur 1. Klasse, V.I.P.,
geschäftlich, auf der Urlaubsreise,
in Florida und Chamonix.

Vermögensmäßig an der Spitze,
weit unter sich das Volk zuhauf,
thront er wie auf ‘nem Göttersitze,
und alle schauen zu ihm auf.

Zig Gründe also, zu beneiden
den Mann, der sich durchs Leben schlemmt.
Und muss er eines Tages scheiden,
dann im Designer-Totenhemd!