Schlagwort-Archive: Cherubim

Trankopfer

trankopferWie soll dem HErrn man Danke sagen?
Ein Trankopfer bring ich ihm dar!
Libido, Lithium, Lotophagen …
Wer weiß noch, wie das Wörtchen war?

Er wird’s auch so zu schätzen wissen.
Hat ja bei so was nie gemurrt.
Hier ’n Schlückchen, da ’n Kuttelbissen,
und, mit Verlaub, der Alte schnurrt.

Wie leicht lässt der sich ruhig stellen –
das ging bei unsereins so nicht!
Bei all den Häuten und den Fellen
übt aufs Gekrös ich gern Verzicht.

Mit Blut und Fett ihn abzuspeisen,
das scheint mir doch ein seltsam Ding!
Im Rauche möchte ich zu ihm reisen,
ihn zu besehn, den Kümmerling.

Der aus den grausen Chaoswogen
den Kosmos aus der Taufe hob,
kann doch nicht klein sein, krumm gebogen,
ein mümmelgreiser Misanthrop!

Und wenn er doch ein Heros wäre,
ein größrer noch als Herkules?
Wie, dass mit Krümeln ich ihn nähre
und selbst die dicksten Brocken fress?

Vielleicht teilt er des Tisches Sitten
der Vettern überm Tempe-Tal.
die Nektar und Ambrosia litten
als Einziges beim Göttermahl?

Auch könnt er vegetarisch leben
von Zwiebeln, Lattich oder Lauch,
was seine Gärten ihm so geben –
besagten Apfel sicher auch.

Ach, Unsinn: Frei ist er von Zwängen
und einer Speise nicht bedarf!
Er nährt sich nur von Sphärenklängen
und seiner Cherubim Geharf!

Das hätt er doch mal sagen müssen.
Sein Schweigen kommt mir spanisch vor.
Schwelgt wer in solcherlei Genüssen,
dann pfeift er auf Altargeschmor.

Ich habe längst schon meine Zweifel,
ob solche Fütterung was wert.
Entweder ging der HErr zum Teufel –
oder um uns sich diesen schert.

Mag’s Lackmus, mag’s Libretto heißen,
der Hokuspokus ist mir schnurz –
ich schlürf für mich den Roten, Weißen
und halt den Götterhimmel kurz.

Käm WEr, sich selbst an mich zu wenden,
ich stünd gewiss nicht auf dem Schlauch,
würd gern und reichlich JEnem spenden,
wie jedem andern Schlucker auch.

Abendspaziergang

AbendspaziergangDie Luft begann sich schon zu trüben
mit einem Hauch von Dämmerung,
als ich, mich im Flaniern zu üben,
noch einmal rausging auf ‘n Sprung.

Ich drehte eine kleine Runde
hier um den nächsten Häuserblock
und freute mich der halben Stunde
fernab von meinem dritten Stock.

Noch spannte endlos sich die Weite
des leeren Himmels über mir,
der mählich sich vom Blau befreite,
das strahlend seines Tages Zier.

Und wie ich so in mich versunken
den Blick nach oben schweifen ließ,
sah plötzlich ich zwei lichte Funken
wie Cherubim vorm Paradies.

Die funkelten wie Diamanten
so überirdisch hell und klar
vom Himmelsgrunde, der jetzt samten
wie eine Schmuckschatulle war.

Wie Wächter standen sie und schwiegen,
unnahbar in sich selbst gekehrt,
und doch gewärtig zu besiegen,
was sündig, mit dem Flammenschwert.

Das sollte sie zusammenschweißen.
Doch hielten sie sich auf Distanz.
Wie eisig ihr kristall’nes Gleißen,
wie einsam ihr erhabner Glanz!

Heroisch schienen sie zu harren,
die Unbefugten abzuwehrn,
die lüstern mit der Seele scharren
und Einlass heuchlerisch begehrn.

Obwohl sie selbst, die treuen Wesen,
Garanten fürs verschlossne Tor,
von Gott persönlich auserlesen,
auf alle Ewigkeit davor!

Dann sah ich, wie die Leute eilten
um mich herum so ohne Wort,
dass ich mich fragte, ob sie teilten
das Schicksal jener Sterne dort.

So nahe ist man sich hienieden,
so gleich in Neigung und in Pflicht,
und wird von Mauern doch geschieden
des Schweigens, die man nicht durchbricht.

Am Himmel die und wir auf Erden:
so sprachlos wie das liebe Vieh.
Geboren, um nie warm zu werden –
Geschöpfe einer Galaxie!