Vor etwa siebenhundert Jahren,
ihr wisst es selber ja gewiss,
die Zeiten auch nicht besser waren –
ein Floh gefährlich um sich biss.
Im Fell allgegenwärt’ger Ratten
fand er zunächst sein täglich Brot,
um schließlich schaurig zu begatten
die Völker mit dem Schwarzen Tod.
Die Menschen starben wie die Fliegen,
Europa war ein Leichenhaus,
und um die Seuche zu besiegen,
sang Gottes Lob man, römisch: laus.
Den Leib voll Schwären und voll Wunden,
verbrannte ihre Lebenskraft,
Bestatter machten Überstunden,
bis selber sie dahingerafft.
Beginnt mit solchen Schicksalsschlägen
der Herr sein letztes Weltgericht?
Was andres war nicht zu erwägen:
Pasteur und Koch noch nicht in Sicht.
Doch eine Ahnung, dass die Enge
befördere den Steppenbrand,
trieb manchen aus der Städte Menge
ins bäuerliche Hinterland.
Na, klingen jetzt bei euch die Glocken?
Boccaccio und Dekameron!
Zehn machten flugs sich auf die Socken,
raus aus Florenz in die Region!
Und was für köstliche Geschichten
erzählte man sich dann zuhauf –
reihum musst jeder sich verpflichten,
und Langeweile kam nicht auf.
So hat man aus der schlimmen Lage
‘ne Tugend schließlich noch gemacht,
sich abgelenkt von Pest und Plage
und trotzig diese gar verlacht.
Man sieht wohl leicht die Parallele
zu unsrer heut’gen Pandemie –
es reißt uns auch aus bleicher Seele
das Wunderkraut der Fantasie.
Die schafft sich in der Virus-Krise
in ungeahnter Weise Raum –
nicht anders als von damals diese:
Humor noch unterm Galgenbaum.